Februar - März 2016

Gehen Sie in São Paulo an Bord des Premium-Plus-Schiffes Costa Pacifica und steuern Sie Italien an. Nach einem Tag in Sao Paulo starten Sie Ihre Kreuzfahrt, auf der Sie sich vom Rhythmus und Temperament des lateinamerikanischen Brasiliens mitreißen lassen.

Ihr Chronist

Liebe Leser,
mit Reisefieber wurde ich schon als Kleinkind infiziert. Zuerst mit Zelt, später dann mit Wohnwagen, zogen meine Eltern mit uns Kindern in die "weite" Welt hinaus - die für uns damals aus Österreich, Schweiz, Italien, Spanien und Kroatien bestand. Von Oktober bis März war Wintercamping angesagt und wir verbrachten viele Wochenenden beim Wandern und Skifahren.

Obwohl mir Wandern und Skifahren sehr viel Freude machen, war schon immer Wasser mein Hauptelement. Mit Berge & Meer starten wir nun zu unserer dritten Kreuzfahrt. Wir sind begeistert vom Service, der Abwicklung in Deutschland und der hervorragenden Organisation während der Reise. Nach zwei Karibik-Kreuzfahrten wird es Zeit, über den großen Teich zu fahren. Wir freuen uns darauf, Sie an unseren Reiseerlebnissen teilhaben zu lassen.

Viel Spaß beim Lesen wünschen Andrea und Johanna

1. & 2. Tag: Anreise und São Paulo

"Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt,
wird diese Abenteuerlichkeit nicht wieder los.
Die Leidenschaft des Reisens ist das weiseste Laster,
welches die Erde kennt."
Bruno H. Bürgel

Die Zeit der Vorfreude geht zu Ende, das Reisefieber steigt: wir starten zu unserer Transatlantik-Kreuzfahrt. Wir, das sind meine Mutter Johanna und ich. Unsere Männer lassen wir zu Hause - Haus, Hund und Hof müssen schließlich bewacht werden. Wir freuen uns auf erlebnisreiche Tage an Land, Erholung auf hoher See und sind gespannt, was uns alles erwartet.

Kommen Sie mit! Entdecken Sie mit uns Länder, Menschen, Sehenswürdigkeiten und unser schwimmendes Zuhause, die Costa Pacifica!

Unsere Reise beginnt am Frankfurter Flughafen. Um 18.45 Uhr startet unser Flug über London nach São Paulo. Ein Direktflug wäre uns lieber, aber schließlich ist der Weg das Ziel.

Der erste Flug ist sehr ruhig, das Wetter klar und wir haben eine traumhafte Sicht beim Landeanflug auf London. Gigantisch, dieses Lichtermeer. In London Heathrow bleiben uns zwischen Landung und Weiterflug gerade mal 1.5 Stunden. Beide Flüge sind zwar im Terminal 5, dieser besteht aber aus mehreren Gebäuden. Laut Internet muss eine Zeitspanne von einer Stunde eingeplant werden. Es war knapp, hat gerade mal so gereicht. Keine zehn Minuten nachdem wir das Abfluggate erreicht hatten, wurde der Flug aufgerufen und startete überpünktlich um 21.00 Uhr (Ortszeit).

Nach einem 12-stündigen, sehr ruhigen Flug, erreichen wir gegen 7 Uhr Ortszeit São Paulo, eine der größten Metropolregionen der Welt. Wir drücken uns die Nasen platt, um einen Blick auf die unendlich große Stadt unter uns zu werfen. Leider hüllt sie sich in Nebel und gönnt uns keinen einzigen Blick.

Die Einreiseformulare sind ausgefüllt und wir hoffen, zügig durch die Kontrolle zu kommen. Nach ca. einer halben Stunde haben wir es geschafft und betreten brasilianischen Boden. Noch schnell die Koffer geholt, durch die Zollkontrolle und da steht auch schon Monika von Berge & Meer. Bei "kühlen" 22° C fällt die Eingewöhnung nicht so schwer. Es hat schon kräftig geregnet und soll sich wohl gegen Abend einregnen.

São Paulo, eine der größten Städte der Erde, versteckt seine Attraktionen unter einem städtischen Chaos. Es gibt durchaus schöne Gebäude im Kolonialstil, aber das Stadtbild wird, zumindest ist dies unser erster Eindruck, hauptsächlich von Hochhäusern, halb zerfallenen Gebäuden, Dreck, Unrat und Chaos geprägt. Viel Graffiti "verzieren" die Häuser - manche sind Kunstwerke, andere nur Schmierereien.

Monika ist zwar sehr nett und bemüht sich, uns die Stadt näher zu bringen, leider gelingt es ihr aus meiner Sicht nur sehr unzureichend. Dann geht’s in eine Art Kaufhaus, in dem man Frühstücken kann. War okay. Die nächste Station war der Park von São Paulo. Wir steigen aus und besichtigen das Bandeirantes-Monument. Zur Besichtigung des Parks bleibt keine Zeit.

Bei der Vorbereitung zur Reise habe ich mich selber mit der Stadt beschäftigt. So weiß ich, dass die Bevölkerung durch zahlreiche Einwanderer aus aller Welt geprägt ist, hauptsächlich Portugiesen, Italiener, Deutsche, Libanesen und Japaner. Die Einwohner der Stadt São Paulo heißen "Paulistanos".

Durch das enorme Wachstum und die damit verbundene hohe Industriedichte und Verkehrskonzentration hat die Stadt mit zahlreichen Umweltproblemen zu kämpfen hat. Die Luftverschmutzung, die Belastung der Gewässer und die Entsorgungsprobleme bei Müll und Abwasser sind die gravierendsten Probleme São Paulos. Bei der Stadtrundfahrt glaubt man das unbesehen.

Auf unserem Weg durch die Stadt sehen wir leider auch die vielen Obdachlosen - die Armut ist allgegenwärtig. Natürlich gibt es auch Villenviertel - vor allem im Stadtteil, der von den Schönheitskliniken und -Ärzten dominiert wird. Hier ist alles sauber, hell und gepflegt.

Als Zwischenstation vor der Kreuzfahrt ist São Paulo eine gute Idee, wir können entspannt morgen unsere Kreuzfahrt antreten. Der Verkehr ist unbeschreiblich. Laut, chaotisch, Hupkonzerte, nichts geht mehr. Unser Busfahrer bleibt davon unbeeindruckt. Megastaus sind keine Seltenheit. So wurde Mitte 2014 im Berufsverkehr bei einem Stau mit einer Länge von 344 km ein neuer, trauriger Rekord erreicht. Regeln sind für uns nicht erkennbar. Schön, dass wir gemütlich im Bus sitzen und das Gewusel um uns herum mit staunenden Augen beobachten können.

Unser Weg führt am Palastbau Museu Paulista vorbei. Er wurde als Denkmal für die Unabhängigkeit Brasiliens errichtet und erinnert durch seine Pracht Gärten an das Schloss von Versailles. Die Catedral da Sè ist die viert größte neugotische Kathedrale der Welt und der Hauptsitz der römisch-katholischen Erzdiözese. Weiter geht’s über die Avenida Paulista - die Lebensader der Stadt und Kulisse für den weltberühmten Karneval.

Der Mercado Municipal liegt in der Nähe des Stadtzentrums. Vielleicht haben wir heute noch Zeit, über den Markt zu streifen und diesen mit allen Sinnen zu genießen. Bei der Auswahl an verschiedenen Gemüsesorten, Früchten bis hin zu Gewürzen und exotischen Delikatessen, die in ganz São Paulo nur dort zu kaufen sind, wäre dies ein kulinarisches Erlebnis der besonderen Art. Die alten Markthallen sind ebenfalls einen Besuch wert. Die Innenräume sind zehn Meter hoch und haben schöne Glasfenster, die interessanter Weise aus Deutschland stammen.

Nach dieser hochinteressanten Fahrt erreichen wir unsere Unterkunft für diese Nacht, das 3.5-Sterne-Hotel Bourbon São Paulo Business. Das Einchecken geht sehr schleppend voran. Als ich endlich an der Reihe bin, eröffnet mir der Rezeptionist, dass für mich keine Buchung vorliegt. Er sucht und sucht, schüttelt den Kopf, starrt in den Computer, tuschelt mit seiner Kollegin und auf einmal sind wir doch auf der Gästeliste.

Mit unserem Zimmer sind wir zufrieden. Einzig der Verkehr stört. Es ist sehr laut, kein Wunder, haben wir den direkten Blick auf die Straße. Laufend Polizei- oder Sanka-Sirenen - gerade ist ein Lastwagen vorbeigefahren und brachte unser Zimmer zum Zittern. Endlich können wir unter die Dusche und uns umziehen. WLAN ist kostenlos und funktioniert einwandfrei.

Es ist mittlerweile kurz nach 14.00 Uhr Ortszeit. Unser Hotel liegt ganz in der Nähe des Altstadtplatzes Praça da Repúblic und so ist klar: wir erkunden das Viertel. Leider fällt der Ausflug buchstäblich ins Wasser. Es regnet. Wir laufen zwar eine halbe Stunde durch die Gegend um den Park, aber an Bilder machen ist nicht zu denken.

Der 168 m hohe Wolkenkratzer Edifício Itália ist in wenigen Gehminuten erreicht und wir stehen, den Kopf in den Nacken gelegt, staunend davor. Oben ist ein Restaurant … Essen gehen - oder Sightseeing? Essen wird überbewertet, finden wir.

Und schließlich haben wir doch noch Glück und es hört auf zu regnen. Wir laufen ein Stück durch den Park, obwohl das laut Monika extrem gefährlich sein soll. Ein Reiher ist auf der Jagd und ich versuche, ein Bild zu erhaschen. Dabei spricht uns ein Mann, der mit Enkelsohn unterwegs ist, an. Alles sehr freundlich und wir radebrechen ein wenig auf Spanisch mit ihm. Abends würden wir hier sicher nicht spazieren gehen, aber am Tag … wir hatten keine Angst.

Wir wollten eigentlich im Hotel zu Abend essen. Leider ist das Restaurant heute geschlossen. Es besteht die Möglichkeit, sich mit einem Taxi abholen zu lassen, so rechte Lust haben wir nicht. In der Nähe des Hotels soll ein gutes italienisches Restaurant sein. Wir probieren es aus und gehen jetzt los. Allzu lange werden wir nicht bleiben. Es zieht uns ins Bett. Die Anreise sitzt uns in den Knochen und wir möchten morgen fit sein.

Boa noite!

3. Tag: São Paulo und Einschiffung in Santos

"Auf Matrosen - den Anker gelichtet, die Segel gehisst
- auf die See hinaus!"
B. Nesser

Gestern Abend waren wir in einer Pizzeria gleich um die Ecke essen, nachdem ich an der Rezeption die Auskunft erhalten hatte, dass das Hotelrestaurant geschlossen sei - später stellte sich heraus, dass doch geöffnet war. Aber so hätten wir einen sehr schönen und witzigen Abend verpasst. Das Ambiente im Lokal "O Gato di Ri" ist sehr ansprechend und der Kellner sehr um uns bemüht. Dass man mit Englisch überhaupt nicht weiterkommt, hätte ich nicht erwartet. Doch mit gutem Willen von beiden Seiten ist die Verständigung kein Problem. Mit meinem Italienisch-Spanisch-Mix und Händen und Füßen gaben wir die Bestellung auf. Den georderten Hauswein haben wir nicht bekommen, der Kellner meinte, der sei zu schlecht, er könne uns diesen nicht servieren. Versteht sich von selbst, dass der andere Wein teurer war, aber wir haben seinen Rat nicht bereut. Zumal er uns, als wir bestellt hatten, den Hauswein zum Probieren kredenzte. Grässlich. Ungenießbar. Auch seine Essensvorschläge erwiesen sich als sehr lecker. Zum Abschied wurden wir noch umarmt mit Küsschen rechts und links verabschiedet. Ein schöner Abschluss.

Der Verkehrslärm ebbte ab und wir konnten hervorragend schlafen. Ausgeruht und voller Tatendrang machen wir uns auf die Suche nach dem Frühstücksraum. Das Buffet ist ausreichend, aber nichts Besonderes. Viel Zeit haben wir nicht. Es stellt sich heraus, dass Abfahrt nicht um 10.00 Uhr, wie gestern angekündigt, sondern schon um 9.00 Uhr ist. Leider hat man vergessen, uns dies mitzuteilen. Marlene, unsere Reiseleitung für heute und die Schwester von Monika, weist uns darauf hin, als wir um 8.45 Uhr aus dem Frühstücksraum kommen. Sie hätte gestern im Hotel angerufen - leider wurde keiner aus unserer Gruppe über die neue Abfahrtszeit informiert. Mit halbstündiger Verspätung klappt es und wir sind abfahrbereit.

Marlene erzählt leider nicht viel über Santos oder die Einschiffung. Immerhin berichtet sie uns, dass die Fahrt nach Santos ca. eine bis 1.5 Stunden auf der Autobahn dauert, je nach Verkehrsaufkommen. Die Fahrt führt uns Serpentinen artig am Rande eines Regenwaldes vorbei. Sehr eindrucksvoll. Obwohl es regnet und Nebelwolken im und über dem Wald hängen, ist der Ausblick fantastisch. Richtig mystisch. Hat einen ganz besonderen Reiz.

Viel Wissenswertes erfahren wir während der Fahrt von Marlene nicht. Sie verliert sich in einem Monolog über riesige Anakondas, von denen eine sogar ein Kind halb verschlungen hat und vom Großvater gerettet wurde. Interessiert uns nur mäßig, da wir ja aufs Schiff wollen und von der Gegend hier etwas erfahren möchten. So bin ich wieder auf meine eigenen Informationen angewiesen.

Santos ist der bedeutendsten Hafenstadt Lateinamerikas. Der Hafen von Santos, heute Ausgangspunkt vieler Kreuzfahrtschiffe, wurde hauptsächlich für den Güterumschlag gebaut. Sein Ruf war nicht immer makellos: "Der Hafen des Todes" wurde er in der Mitte des 19. Jahrhunderts genannt. Damals erlebte die Stadt mehrere Überschwemmungen. Viele Krankheiten wie Gelbfieber und Beulenpest breiteten sich aus. Wer konnte, machte mit seinem Schiff einen großen Bogen um den Hafen von Santos. Doch wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, gehören diese schlimmen Zeiten hoffentlich für immer der Vergangenheit an.

Aufregung macht sich breit. Da! Da vorne liegt sie! Vom Bus aus erhaschen wir den ersten Blick auf die Costa Pacifica - unser Zuhause für die nächsten 19 Nächte. Ein stolzes Schiff. Riesig. Eine schwimmende Stadt. Marlene und unser Busfahrer liefern uns wohlbehalten am Kreuzfahrtterminal ab. Die Koffer können im Bus bleiben und werden durch die vielen unsichtbaren Helfer auf unsere Kabinen gebracht. Ein toller Service. Hatten wir bei unseren früheren Kreuzfahrten noch nie.

Marlene begleitet uns in die Halle zum Einchecken. Wir sind begeistert. Die Schlange ist extrem kurz und im Nu erhalten wir unsere Nummer, mit der wir später aufgerufen werden. Eine perfekte Organisation. Nach ca. einer halben Stunde Wartezeit sind wir dran. Die Sicherheitskontrolle geht ebenfalls schnell von statten. Endlich erklimmen wir die Gangway. Ein Kribbeln im Bauch macht sich breit. Was werden uns die kommenden Tage bringen? Ruhige See, Stürme? Rio soll nach einem Unwetter unter Wasser stehen. Auch soll es morgen den ganzen Tag regnen.

Beim Betreten des Schiffs erfolgt das obligatorische Foto für die Bordkarte. Die Pässe müssen abgegeben werden. Wir erhalten einen provisorischen Beleg mit der Kabinennummer. Unsere Kabinen sind noch nicht fertig und wir werden gebeten, zuerst zum Essen zu gehen. Gegen 14.30 Uhr will ich bei der Rezeption unsere Magnetkarten holen. Dort erklärt man mir, dass die Kabine ab 15.00 Uhr bezugsfertig ist und alle Infos und die Bordkarten auf der Kabine liegen. Passt alles hervorragend, sogar unsere Koffer sind schon da.

Um uns nach den Landausflügen nicht abhetzen zu müssen, haben wir uns für die zweite Tischzeit entschieden. So bleibt genügend Zeit zum Duschen. Und wir können vor dem Essen ein wenig durchs Schiff "streifen", Leute beobachten und mit einem Aperitif den Abend beginnen. Oder, wie heute, an Bord stehen und beim Ablegen zuzuschauen.

Bevor wir etwas davon in die Tat umsetzen können, ertönt die Ansage, dass vor dem Ablegen die Seenotrettungsübung durchgeführt wird. Gute Idee - hatten wir bei den Carnival Kreuzfahrten leider anders und verpassten dadurch das Interessanteste. Nach dem Signalton schnappen wir unsere Rettungswesten aus der Kabine und laufen zum Sammelpunkt. Alles geht professionell und komplikationslos über die Bühne. Damit sich keiner drücken kann, werden die Bordkarten abgescannt.

So, jetzt geht es unter die Dusche, in eine der vielen Bars und zum Abendessen.

4. Tag: Rio de Janeiro

"Das Leben wird nicht gemessen an der Zahl der Atemzüge,
sondern an den Orten und Momenten, die uns den Atem rauben"
Autor unbekannt

Zuckerhut, Christusstatue, Sonne, Samba, Copacabana, Saudade - Rio de Janeiro - ein Traum wird wahr!

Die atemberaubende Hafeneinfahrt wollen wir auf keinen Fall verpassen und so heißt es früh aufstehen. Der Wecker ist zwar auf 6.15 Uhr gestellt, wir stehen aber schon um 6.00 Uhr an Deck. Rio steht - entgegen der gestrigen Aussagen - nicht unter Wasser. Die Bordzeitung für heute haben wir gestern Nacht um 23.30 Uhr erhalten. Dort ist heute für Rio Regen angesagt. Wäre schade, aber nicht zu ändern.

Zuckerhut und Christusstatue hüllen sich in Nebel. Doch da, plötzlich reißt die Nebelwand ein winziges Stückchen auf. Wir sehen die Statue! Der Augenblick währt zunächst noch kurz, zögernd gibt sich das Wahrzeichen der Stadt unseren Blicken preis. Viel schöner, als bei klarer Sicht. Die Statue scheint über der Stadt zu schweben. Immer öfter zeigt sie sich gnädig und auch der Zuckerhut zeigt sich in seiner ganzen Pracht. Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt.

Nach einem kurzen Frühstück mogeln wir uns unter die Costa-Ausflügler und sind um 8.00 Uhr an Land. Wir wollen so viel wie möglich sehen: den Zuckerhut, die Christusstatue auf dem Gipfel des Corcovado, die Copacabana, den Tijuca Nationalpark und die Fliesentreppe von Jorge Selarón.

Gerne würden wir die Stadt auf eigene Faust erkunden, aber wir befürchten, den straffen Zeitplan nicht einhalten zu können. Der Verkehr und die vielen Baustellen wegen der Olympischen Spiele sind ein zu großer Risikofaktor. Im Internet sind wir auf Frank Hopfe gestoßen. Der Zwickauer bietet private Touren an. Ausflugsmöglichkeiten, Preisliste, etc. findet man unter  "Discover Rio". Die Bewertungen, sowohl bei holidaycheck als auch bei trivago sind hervorragend. Der Mail-Kontakt war schnell, informativ und sehr nett. Frank ist an diesem Tag leider ausgebucht und schickt uns seinen Kollegen Winnie. Er wird uns am Kreuzfahrt-Terminal mit einem Schild "Discover-Rio" in Empfang nehmen. Wird einfach zu finden sein, es gibt nur einen Ausgang.

Weil die Wetterprognose sehr ungünstig ist, ändert Winnie den Ablauf und wir fahren gleich zum Corcovado. Die Spannung steigt: jetzt wartet die größte Attraktion Rios, "Cristo Redentor", wie die Brasilianer die Statue nennen, auf uns. Wir nehmen die Serpentinenstraße, die Wartezeiten an der Zahnradbahn sind für Individualtouristen zu lange. Ein weiterer Vorteil: wir entgegen dem größten Ansturm.

Auf 710 m Höhe vor der 38 m hohen Christusstatue zu stehen beschert uns Gänsehaut-Feeling pur. Die Arme umfassen eine Spannweite von unglaublichen 28 m und scheinen die Stadt beschützen zu wollen und Besucher willkommen zu heißen. Ab und zu lichtet sich der Nebel und wir können bruchstückhaft Teile Rios sehen. Wir fühlen uns losgelöst von der lauten und hektischen Stadt die uns zu Füßen liegt und dem Geplapper Touristen um uns herum. Ein Gefühl von Weite und Freiheit macht sich breit. Unbeschreiblich und wunderschön.

Weiter geht es durch das Geschäftszentrum Rios zur Fliesentreppe des Künstlers Selarón. Das individuelle Mosaik der Treppe besteht hauptsächlich aus blauen und gelben Fliesen und wird links und rechts von einer Vielfalt an leuchtend roten Fliesen eingerahmt. Am oberen Ende der Treppe stellt ein Mosaik die brasilianische Flagge dar. Insgesamt lassen sich über 2.000 Fliesen aus mehr als 60 Ländern finden. Wir erklimmen die Treppe bis ganz nach oben, obwohl es mittlerweile brütend heiß geworden ist. Im Januar 2013 fand Jorge Selarón ein tragisches Ende. Er wurde tot an der, nach ihm benannten Treppe gefunden. Mord oder Selbstmord … es konnte nie geklärt werden.

Es folgt eine Fahrt durch das Künstlerviertel Santa Teresa. Auch wenn wir nicht aussteigen können: Der Funke springt über. Wir stecken uns mit "Saudade" an; einer Sucht, die sich nur schwer ins Deutsche übersetzen lässt. Am ehesten trifft es der Begriff "Sehnsucht". Und wir werden "sehn"-süchtig nach dieser quirligen, lauten, farbenfrohen, chaotischen, und trotz aller Armut, lebensfrohen Stadt.

Winnie hat noch ein Sahnebonbon für uns. Ein kurzer Fotostopp am "Haus des Apothekers". Bei einem weiteren Fotostopp geraten wir in eine Aufzeichnung eines örtlichen TV-Senders, der die Missstände in Rio anprangert. Heute geht es um das Thema Umweltverschmutzung und wir werden der Reihe nach interviewt, was wir als Deutsche davon halten. Die TV-Leute sind begeistert, ausgerechnet an Touristen geraten zu sein und wir verbringen interessante 10 Minuten mit ihnen.

Weiter geht es zur Copacabana. Hier widmen wir uns bei einem Caipirinha an der berühmten Copacabana "Saudade". Es ist nichts los. Winnie meint, es liegt am angekündigten Regen. Wie gerne würden wir am Strand flanieren, die Füße in den weißen, heißen Sand vergraben und uns in das einladend glitzernde Meer stürzen.

Es bleibt ein Wunschtraum, schließlich wartet unser letztes Highlight - eine Fahrt mit der Seilbahn auf den Zuckerhut. In der Guanabara-Bucht liegt die Insel Urca. Und auf dieser türmt sich der vor Rio gelagerte, etwa 400 m hohe Granitfelsen, der Pao de Azucar, auf. Dabei kam dem Zuckerhut sicher die Namen gebende Form zugute. Ein Schmankerl am Rande: als erster Mensch erklomm eine Frau diesen Berg. Das englische Kindermädchen Henrietta Carstairs bewältigte die bis dato als unbesteigbar geltende Erhebung.

Mit 31 km/h erklimmen wir die Distanz von 400 m. Phantastisch sind die verglasten Seiten der Kabine. Sie gibt den Blick auf alle Himmelsrichtungen frei und es ist ein überwältigendes Erlebnis. Wir wissen gar nicht, in welche Richtung wir zuerst schauen sollen. Auf der Hälfte der Strecke muss man umsteigen und dann ist es geschafft.

Ein erhabenes Gefühl auf dem Gipfel zu stehen und die grandiose Aussicht auf Rio zu genießen. Nach einem ausgiebigen Fotostopp geht es abwärts, und noch einmal erleben wir den phänomenalen Ausblick aus der Seilbahn. An der Talstation endet leider unsere Reise bzw. mit der Fahrt zurück zum Hafen. Wir haben noch über zwei Stunden Zeit, die Costa zu erreichen. Dachten wir. Doch wir geraten ins absolute Chaos. Stau! Nichts geht mehr. Wir sind gute 5 km vom Hafen entfernt. Aussteigen und laufen? Riskant! Mittlerweile kreisen Hubschrauber über uns. Winnie kriegt im wahrsten Sinne des Wortes die Kurve, biegt ab und fragt einen Polizisten nach dem Grund. Eine unangemeldete Demonstration, erfahren wir. Keine Chance, auf diesem Weg zum Hafen zu kommen. Winnie beschließt, die Innenstadt großräumig zu Umfahren und rast mit halsbrecherischem Tempo zurück. Es staut sich auch hier, aber das sei der ganz normale Feierabendverkehr. Er nützt jede noch so kleine Lücke. Schließlich sind wir einen Kilometer von der Costa entfernt. Es ist 17.35 Uhr. Um 17.30 Uhr ist Boarding-Time. Und wieder gibt Winnie alles. Er brettert durch die Baustelle entlang des Piers und schafft es, uns in Sichtweite der Costa zu bringen. Er fragt die Bauarbeiter nach dem Weg. Wir klettern durch die Baustelle, müssen durch die Sicherheitskontrolle, rennen den Gang im Hafengebäude entlang, sind völlig außer Atem, aber glücklich um 17.50 Uhr an Bord. Später erfahren wir, dass die Costa-Ausflügler gerade die 5 km, die wir entfernt waren, zu Fuß gehen mussten und erst um 18.15 Uhr an Bord kamen. Es muss wohl schon morgens sehr chaotisch gewesen sein. Viele hatten keine Ausflugtickets, die Busse kamen nicht in der angesagten Reihenfolge, wodurch die Leute teilweise über eine Stunde warten mussten. Ein unvergesslicher Tag und - wie wir vermuten - das absolute Highlight dieser Reise. Gegen 18.45 Uhr laufen wir aus. Ein letztes Mal sehen wir „Cristo Redentor“, malerisch umspielt von Nebelschwaden.

Até à vista, Rio!

5. Tag: Seetag

"Entspanne dich. Lass das Ruder los.
Trudle durch die Welt. Sie ist so schön."
Kurt Tucholsky

Diese Worte von Kurt Tucholsky nehmen wir uns zu Herzen. Vor uns liegen insgesamt sieben herrliche Seetage. So lassen wir heute Schiff Schiff sein, übergeben das Ruder unserem Kapitän und seiner Crew und trudeln durch einen entspannend schönen Tag.

Nach dem aufregenden Tag in Rio ist Ausschlafen angesagt. Herrlich! Unsere Kabine liegt im hinteren Teil des Schiffes auf der linken Seite, so haben wir größtenteils Sicht aufs Land, wenn denn welches zu sehen ist. Vielen Dank an Berge & Meer. Auch für die sehr ruhige Kabine. Bei der letzten Kreuzfahrt spielte auf dem Deck unter uns eine Band bis 1.00 Uhr nachts.

Solange meine Mutter das Bad blockiert, genieße ich die frische Seeluft auf unserem Balkon und blättere im Prospekt über die Costa Pacifica. Der Balkon ist ausreichend groß, die Stühle sehr ramponiert und alles unglaublich dreckig. Gestern, so wurden wir informiert, sollen die Fenster und Balkone geputzt worden sein … Vermutlich hat das Wasser für unseren nicht mehr gereicht. Die Internetverbindung auf der Costa Pacifica funktioniert per Satellit und das gesamte Schiff ist mit WiFi abgedeckt. Das Einloggen ist eine Qual, unserem Tischnachbarn ging es genauso. Nach unzähligen Versuchen klappt es endlich, aber die Verbindung ist sehr langsam.

Weiter im Prospekt. Was der Name nicht vermuten lässt: die Costa Pacifica ist laut Beschreibung das Schiff der Musik. Das Thema sowie die Ausstattung wird, laut Costa, "in tausend verschiedenen Formen interpretiert. Den großen Komponisten wird durch die Sprache von Architektur, Bildhauerei, Malerei und Grafik ein modernes und zugleich klassisches Denkmal gesetzt"… wir werden sehen! Aber sicher nicht heute.

Ein paar Eckdaten zur Costa Pacifica:
- Baujahr 2009
- 1.100 Besatzungsmitglieder
- 3.780 Passagiere bei Vollbelegung (hoffentlich nicht)
- 1.504 Kabinen
- 5 Restaurants
- 13 Bars
- 17 Decks

Das Frühstück im Buffetrestaurant ist bescheiden. Mortadella, Salami, Speck, natürlich diverse Marmeladen und Honig (alles in kleinen Plastikverpackungen), Butter gibt es lediglich gesalzen, sonst nur Margarine, sehr labbriges Rührei - wenn es nicht besser wird, wovon auszugehen ist, entspricht dies aus meiner Sicht gerade mal 2 - 3 Sternen. Klar, man findet immer etwas, aber ich hätte ein wenig mehr Qualität erwartet.

Nach dem Frühstück suchen wir uns ein Schattenplätzchen, genießen die frische Seeluft, die durch den Fahrtwind angenehme Wärme, den herrlichen Blick aufs Meer und lassen die Seele baumeln. Auch beim Nichtstun verfliegt die Zeit und das Mittagessen ruft. Wir entscheiden uns fürs Buffetrestaurant. Das Fleisch ist so zäh, dass fast die Gabel durchbricht. Wir kommen mit einem Ehepaar ins Gespräch, die diese Reise auf der Pacifica schon einmal gemacht haben und total enttäuscht sind. Die Qualität, egal ob Essen oder Freundlichkeit des Personals hätte um mehr als die Hälfte abgenommen. Auch sie erzählen uns, dass es gestern bei beiden gebuchten Costa-Ausflügen mehr als chaotisch war. Ihre Ausflugtickets seien, als sie wieder an Bord waren, endlich auch auf der Kabine gewesen.

Im Gegensatz zu amerikanischen Schiffen, in denen rund um die Uhr Wasser und Limonade kostenlos bereit stehen, soll das „kostenlose“ Getränkeangebot bei Costa nicht vorhanden bzw. ungenießbar sein. Wir haben es uns lange und gut überlegt, die verschiedenen Getränkeangebote verglichen und schließlich aufgrund der vielen Seetage und den mangelnden Gelegenheiten, Getränke an Land kaufen zu können, das Paket Più Gusto von zu Hause aus gebucht. In diesem Paket sind offene Getränke, wie Wasser, Säfte, Softdrinks, Hausweine, No-Name-Bier, Cocktails in allen Restaurants und Bars rund um die Uhr enthalten. Und trotzdem muss man aufpassen, nicht übers Ohr gehauen zu werden. Trotz meiner Karte, aus der das Paket ersichtlich ist, will man mir jedes Mal eine Flasche verkaufen. Der halbe Liter kostet 2.29 $ zzgl. 15 % Steuer. Einmal nicht aufgepasst, und meine Mutter hatte für einen Cappuccino unterschrieben. Nach Reklamation erfolgte Storno, aber so etwas müsste einfach nicht sein.

Auch ein gemütlicher Tag geht einmal zu Ende. Zeit, sich fürs Abendessen umzuziehen. Mal sehen, welche kulinarischen Genüsse heute auf uns warten. Übers Essen haben wir in verschiedenen Foren viele unterschiedliche Meinungen gelesen, bis jetzt müssen wir leider denen zustimmen, die eher negative Bewertungen abgegeben haben.

Heute ist Galaabend und wir erhalten hoffentlich "unseren" Tisch. Zwei Mal haben wir schon gewechselt (persönliche Gründe) und um einen anderen Tisch gebeten. Weil wir so quengelig waren, rechnen wir jetzt mit dem Schlimmsten. Nun soll es statt dem My Way das New York werden. Statt an einem Katzentisch oder im hintersten Eck untergebracht worden zu sein, sitzen wir nun im ersten Stock des Restaurants und können den unteren Speisesaal komplett überblicken.Wir können unser Glück noch gar nicht fassen und hoffen, heute Abend diesen Tisch wirklich auch wieder zu bekommen. Das Essen ist heute wirklich gut - Galadinner eben.

Nach einem Absacker in der Bar geht’s ins Bett.

6. Tag: Ilhéus

"Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon"
Aurelius Augustinus

Nach einem erholsamen Seetag und bisher ruhiger See erreichen wir Ilhéus. Mit über 470 Jahren ist sie eine der ältesten Städte Brasiliens und breitet sich von einem Gugelhupf förmigen Hügel zu den Stränden hinunter aus.

Obwohl hier die schönsten Strände der Welt sein sollen, verzichten wir aufs Schwimmen. Schließlich möchten wir so viel wie möglich von Land und Leuten sehen. Auch die Kakaoplantagen können uns nicht locken, uns zieht es ins Städtchen. Vom Anlegeplatz sind es ca. 30 Minuten zu Fuß. Das Altstadtzentrum ist schnell besichtigt. Viel zu sehen gibt es nicht. Einige mehr oder weniger gut erhaltene historische Bauten, drei Kirchen, das Fundação Casa - mehr gibt es nicht zu sehen.

In letzterem verbrachte einer der bedeutendsten lateinamerikanischen Schriftstellers des 20. Jahrhunderts, Jorge Amado, einen Teil seiner Jugend. Heute ist in diesem Haus eine Stiftung eingerichtet. Anschließend geht es weiter zum Vesúvio, dem ältesten und immer sehr gut besuchten Bar-Restaurant der Stadt, das noch aus der Zeit der Kakaobarone stammt. Das Vesúvio ist ein beliebter Treffpunkt im Zentrum und findet in den Büchern von Jorge Amado Erwähnung.

Nach Besichtigung der Kathedrale machen wir uns auf den Rückweg und fläzen uns auf unsere Liegestühle.

7. Tag: São Salvador da Bahia de Todos os Santo

"Reisen sollte nur ein Mensch, der sich ständig
überraschen lassen will"
Oskar Maria Graf

Ein weiteres Highlight unserer Reise erwartet uns: Salvador da Bahia, die ehemalige Hauptstadt Brasiliens. Die Allerheiligenbucht, an der Salvador liegt, wurde nach der Ankunft der ersten Seefahrer am 1. November 1501 benannt. Salvador war ab 1538 für drei Jahrhunderte Dreh- und Angelpunkt für den Sklavenhandel der portugiesischen Kolonialherren in Südamerika. Heute ist sie eine aufregende Mischung aus afrikanischen und europäischen Einflüssen, was sich vor allem in der Sprache, der Küche und der Candomblé-Religion bemerkbar macht.

Salvador wurde auf verschiedenen Ebenen einer Bergkette gebaut. Die Ober- und Unterstadt trennen 70 m und sind über einen Aufzug, dem Lacerda, einer Drahtseilbahn und sehr steilen Straßen miteinander verbunden. Die Oberstadt Cidade Alta gehört seit 1985 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Hier befindet sich das historische Zentrum mit kolonialen Wohnhäusern aus dem 17. Jahrhundert, alten Kirchengebäuden und Klöstern. Und genau hier wollen wir hin.

Die Costa Pacifica liegt strategisch günstig in der Unterstadt, der Cidade Baixa, nicht weit vom Aufzug weg und so ziehen wir auf eigene Faust los. Etwas mulmig ist uns zumute, soll doch die Kriminalität in Salvador extrem hoch sein. Alle warnen uns, unsere Kellner beim Abendessen, unser netter Barkeeper, sogar Winnie, der uns in Rio begleitete, meinte, wir sollen nicht alleine gehen. Doch wir wollen uns überraschen lassen, positiv und/oder negativ - bisher hatten wir auf unseren Reisen immer großes Glück.

Aber momentan trennt uns von unserem Plan noch Geld. Bisher konnte ich mit meiner Kreditkarte weder in Rio noch in Ilhéus Geld abheben. Zahlen ja, doch das nützt für den Aufzug nichts. Auf dem Schiff kann man nicht wechseln. Die Dame an der Rezeption meinte, die Fahrt koste pro Person gerade mal 0.30 BRL - bei einem Wechselkurs von 1:4 eigentlich nichts - nur, wenn man keins hat… Sie gab mir den Tipp, dass es im Hafengebäude Wechselstuben gebe. Entpuppt sich als falsch. Die Polizisten, die ich dort frage, meinen, hier hätte es noch nie Wechselstuben gegeben. Ich solle die Straße raus, dann links abbiegen, dort sei eine Bank.

Schon im Hafengebäude werden wir mit Bändchen "beschenkt". Laut Internet werden Touristen damit markiert. Wir stecken unsere sofort in die Hosentasche. Hier ist auch die Kamera. Nicht einmal eine Uhr nehmen wir mit. Geld, Costa- und Kreditkarten sind in meinem Wertsachengürtel untergebracht. Handtaschen haben wir keine dabei.

Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem Kiosk vorbei. Dort prangt eine "Bankwerbung" und ein VISA-Schild. Mit meinem Spanisch-Englisch-Mix frage ich beim Kioskbesitzer. Nein, leider nehme er nur örtliche Karten und die Banken hätten jetzt geschlossen. Er sieht mir die Enttäuschung an und ich erkläre ihm, dass wir in die Oberstadt möchten. Auch er meint, das koste fast nichts und auch ihm erkläre ich, dass "nicht viel" eine ganze Menge sei, wenn man kein Geld hat. Ich will gehen, da hält er mich zurück, öffnet seine Kasse und gibt mir Münzgeld. Fast traue ich mich nicht zu sagen, dass wir zu zweit sind - meine Mutter habe ich auf einer Bank im Park "geparkt". Er gibt mir tatsächlich noch Münzen für mia madre. Ich bedanke mich überschwänglich, er nimmt mich in den Arm, gibt mir rechts und links ein Küsschen und meint "de nada". Ist das nicht ein wunderbares Erlebnis?

Auf dem Weg zum Aufzug kommen wir an einer Bank vorbei. Ich versuche, wieder Geld abzuheben und wieder funktioniert es nicht. Am Automat neben mir ist eine sympathische junge Brasilianerin. Ich fasse mir ein Herz und frage sie, ob sie mir helfen kann. Wie so oft bei technischen Geräten steht/sitzt der Fehler einen Meter davor. Endlich habe ich Geld.

Nach ca. 5 - 10 Minuten sind wir beim Lacerda. Es herrscht ein gnadenloses Gedränge und Gequetsche. Es ist heiß und stickig. Der Aufzug ist leider nicht verglast. Ich bin froh, mein Geld wohl verwahrt zu wissen und halte meine Kamera in der Hosentasche fest umklammert. Gut, dass die Fahrt nicht lange dauert. Als wir aus dem Aufzug kommen, wirft uns die Hitze fast um. Ich "parke" meine Mutter wieder im Schatten und orientiere mich auf dem Stadtplan. Uns gegenüber hält ein Brasilianischer Rikscha-Fahrer. Wir schauen uns an, denken beide dasselbe… Warum nicht?!

Schnell werden wir handelseinig, bezahlen für 25 Minuten 20 BRL und los geht’s. Bequem, soweit das bei Kopfsteinpflaster geht, fahren wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten ab. Merkt unser Fahrer, dass ich fotografieren möchte, fährt er langsamer oder hält kurz an. Viel zu schnell vergeht die Fahrt, aber zumindest haben wir einen Überblick.Meine Mutter macht schlapp - es ist brütend heiß, obwohl immer ein Wind geht. Sie möchte auf dem belebten Platz nahe des Lacernas sitzen bleiben und so ziehe ich alleine los. Das Aufgebot an Polizisten ist enorm. Grüppchen weise stehen sie an allen Ecken und patrouillieren zusätzlich noch mit Autos.

Ich schleppe mich eine Treppe hinunter. Von dort hat man einen grandiosen Aussicht auf die Bahia de Todos os Santos; die Unterstadt und die Bucht. Eine Gruppe Tänzer zeigt eine Capoeira-Aufführung - sehr typisch für den brasilianischen Bundesstaat Bahia und seine Hauptstadt Salvador. Capoeira ist eine Mischung aus Tanz und Kampfsport, den die Sklaven in vergangenen Jahrhunderten entwickelten und der große Körperbeherrschung zeigt. Hier würde ich gerne länger zusehen, aber es gibt noch viel abzulaufen und meine Mutter wartet ja auch auf mich.

Der Spaziergang durch den gepflasterten Altstadtteil Pelourinho ist wunderschön. All die vielen schmalen Gassen, die schönen Plätzen, die kolonialen Gebäude aus dem 17. Jh. und die barocken Kirchen machen Lust auf mehr. Wenn nur die Hitze nicht so mörderisch wäre. Mittlerweile meine ich, demnächst umzukippen. Mein Gesicht glüht und es wird immer heißer. Bei jedem Schattenplätzchen bleibe ich kurz stehen. Vor mir aus dem Haus kommt ein Mann mit einem Eimer Wasser, um seinen Gehsteig zu putzen. Als er mich sieht, hört er auf. Ich bleibe stehen, deute auf meine Beine… Er grinst, versteht, und leert mir den Eimer Wasser drüber. Wir müssen beide lachen. Auch er drückt mich kurz. Und auch nach dieser herzlichen Begegnung habe ich meine Kamera noch.

Mein Orientierungssinn ist, wie alle, die mich kennen wissen, leider nicht der Beste. Und so kommt es, wie es kommen muss. Trotz Stadtplan verlaufe ich mich. Alles wird enger, weniger belebter. Zurück? Würde bedeuten, wieder die steile Straße runter und dann wieder hoch? Dabei kippe ich jetzt schon aus den Latschen. Während ich so vor mich hintrotte, kommt mir ein Polizeiauto entgegen. Ich winke und will nach dem Weg fragen. Wie schön. Sie entpuppen sich als wahre Freunde und Helfer. Sie rutschen zusammen, lassen mich ein Stück mitfahren und setzen mich an einer belebten Stelle wieder aus. Obrigada!

Aber nun ist es wirklich Zeit für mich, aus der Sonne zu kommen. Wir müssen noch den Weg zum Schiff zu Fuß gehen. Ich sammle meine Mutter ein. Bei ihr hat sich mittlerweile ein Hund niedergelassen. Erfreulich: bisher haben wir nur Hunde mit Besitzer gesehen. Keine streunenden Hunde und Katzen. Der Hundebesitzer, ein uralter Rastafari merkt, dass wir über den Hund reden. Es sei seiner, berichtet er stolz, zieht uns mit sich und zeigt uns seine anderen beiden Hunde.

Doch jetzt ist endgültig Zeit, zu gehen. Rein in den Aufzug und jedes Stückchen Schatten nutzend geht’s zurück zur Costa Pacifica. Wohlbehalten erklimmen wir die Gangway. Was haben wir nicht alles Negatives gehört. Von Überfällen mit Messern oder Schusswaffen war die Rede. Gottseidank ist nichts davon eingetreten. Im Gegenteil.

Wir hatten einen wunderschönen Tag, sind mit liebenswürdigen Menschen ins "Gespräch" gekommen und behalten San Salvador in bester Erinnerung.

8. Tag: Maceió

"Eine Reise ist ein Trunk aus der Quelle des Lebens."
Christian Friedrich Hebbel

Poseidon meint es bisher gut mit uns. Unsere Tage an Bord waren sehr ruhig. Man könnte meinen, an Land zu sein. Ruhige See, Eduardo, unser Kellner beim Abendessen, rät uns, diese Zeit zu genießen. Die Überfahrt über den Atlantik würde mit Sicherheit stürmischer ausfallen.

Gegen 13.00 Uhr laufen wir bei strahlendem Sonnenschein Maceió, die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Alagoas mit knapp einer Million Einwohnern an. Die Ureinwohner, Tupi-Indianer, nannten diesen Ort "Maçai-o-k" (der die Lagune verstopft). Sehr zutreffend, wenn man weiß, dass sich die Stadt auf einer natürlichen, vom Meer geschaffenen Terrasse ausgebreitet hat und langsam die Mündung des Rio Mundaú "verstopfte", wodurch die "Mundaú-Lagune" entstanden ist.

Heute ist die Stadt vor allem für ihre Traumstrände berühmt, von denen viele sagen, es seien die schönsten Brasiliens. Der Ponta Verde soll der schönste Strand der Stadt sein. Hier mache ich einen Fehler. Meine Mutter will an Bord bleiben und ich bin der Meinung, eine fremde Gegend erkundet man am besten zu Fuß. Könnte ich es nochmal entschieden, würde ich hier eine Stadtbesichtigung oder die Tour zu den Lagunen über Costa buchen. Oder zumindest ein Taxi ins Zentrum nehmen.

Aber ich habe meinen Stadtplan und bin gut zu Fuß. Im Hafen darf man nicht zu Fuß gehen. Es gibt kostenlose Shuttlebusse, die direkt an einem langen Sandstrand halten. Hätte ich das gewusst, wäre ich gar nicht auf die Idee mit der Stadtbesichtigung gekommen, sondern schwimmen gegangen. Gegenüber der Strandpromenade sind Hotels und Restaurants. Am Strand gibt es mehrere Kioske und sogar öffentliche Toiletten. Würd ich nur im Notfall benutzen. Der Gestank ist beim Vorbeigehen schon bestialisch.

Ich laufe los. Zunächst lässt es sich gut an, aber schon nach ca. einem Kilometer ist keine der Straßen, die ich quere, auf meinem Stadtplan verzeichnet. So folge ich dem Schild "Centro". Die Gegend wird immer einsamer. Nein, es sind keine kleinen, unwegsamen Gassen, sondern breite übersichtliche Straßen. Doch kein Mensch ist zu sehen. Siesta-Zeit? Keine Geschäfte, kaum Autos.

Endlich eine Bushaltestelle, an der Menschen stehen. Sie beraten sich, als ich nach dem Weg frage und zeigen in die andere Richtung. Toll! Jetzt kann ich die ganze Strecke zurückgehen. Soll ich’s nochmal versuchen? Immerhin bin ich schon eine Stunde unterwegs. Nein, ich will zurück aufs Schiff. Ich laufe quer zu der großen Straße.

Obwohl die Gebäude halb zerfallen und sehr vernachlässigt sind, ist es hier interessanter. Gut, die Leute hier schauen mich an, als wäre ich ein Alien. Aber ich tu so, als gehöre ich hierher, grüße freundlich und so grüßen sie zaghaft zurück und lächeln. Als ich nach einer weiteren Stunde wieder auf der Uferpromenade bin, habe ich plötzlich eine zündende Idee. Warum nicht gleich?! Schuhe aus und eine Strandwanderung. Herrlich! Schade nur, dass ich alleine bin und nicht schwimmen gehen kann. Aber auch so genieße ich den Sand zwischen den Zehen, das lebhafte Treiben um mich herum, die tollenden Kinder, die sich voller Lebensfreude in das badewannenwarme Wasser stürzen.

Hach - das Leben ist schön!

9. Tag: Recife

"Nur törichte Menschen suchen im Urlaub das große Erlebnis;
ein geglückter Urlaub besteht aus lauter netten Kleinigkeiten!"
J. Ward

Aus der gestrigen Bordzeitung haben wir erfahren, dass wir heute erfreulicherweise zwei Stunden länger in Recife bleiben dürfen, so lassen wir erst die Busausflügler von Bord und gehen gemütlich frühstücken.

Die Hafeneinfahrt ist unspektakulär. In der Ferne sehen wir viele Hochhäuser. Es wirkt sehr nüchtern. Es ist 8.30 Uhr und jetzt schon unbarmherzig heiß. Die Luft scheint zu glühen. Ein Gefühl, als würde man uns einen heißen Föhn ins Gesicht halten.

Recife bedeutet Riff und ist eine Anspielung auf die Muschelbänke, Felsen- und Korallenriffs, die die Strände der Stadt schützen. An die Strände, obwohl diese ausgesprochen schön sein sollen, zieht es uns nicht. Schwimmen wäre sicher schön, aber wie wir von Fernanda, "unserer" Barkeeperin im Buffetrestaurant, erfahren haben, sollen hier die meisten Haiangriffe in Brasilien passieren. Auch die starken Strömungen laden nicht zum Schwimmen ein.

So haben wir uns entschieden, dem Stadtteil Antigo einen Besuch abzustatten. In letzter Minute überlegt es sich meine Mutter anders. Sie will nicht mit. Es ist ihr einfach zu heiß. Und so ziehe ich wieder alleine los. Das Hafengelände "darf", wie gestern, auch hier nicht zu Fuß durchlaufen werden, was mir mehr als recht ist. Kostenlose Shuttlebusse bringen uns zum Terminal. Dort angekommen, hole ich mir an der Touristeninformation einen Stadtplan. Die sehr nette Dame gibt mir einige Tipps, unter anderem gibt es die Möglichkeit einer Bootsrundfahrt. Abfahrt ist am Marco Zero in der Altstadt. Es geht durch den Hafen, den Berberibe flussaufwärts und durch die Altstadt zurück zum Marco Zero. Oder eine Stadtrundfahrt mit einem der Touristenbusse - Abfahrt direkt vor dem Hafenterminal.

Ich brauche keine Rücksicht auf meine Mutter zu nehmen und mache mich auf, Antigo per pedes zu erkunden. Interessenhalber frage ich einen Taxifahrer, wie viel er für eine Fahrt nach Olinda verlangt. 10 € - hin und zurück. Später erfahre ich von Mitreisenden, dass es noch billiger geht. Mit dem Linienbus umgerechnet 1.60 € pro Person.

Im Hafen liegen drei Kreuzfahrtschiffe und so bleibe ich lieber hier, obwohl Olinda von der UNESCO aufgrund seiner kulturellen, landschaftlichen und städtischen Eigenschaften zum Kulturgut der Menschheit ernannt wurde und sicher mehr als sehenswert ist. Doch in Recife war ich schließlich auch noch nie. Und ich bin entzückt von den vielen, teilweise restaurierten, alten Prachtbauten in der Rua do Bom Jesus. Wunderschöne Fassaden, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit. Ich knipse, was das Zeug hält.

Weiter geht es zum Marco Zero. Hier wurde Recife gegründet. Ausgangspunkt für alle Straßen Recifes. Ein schöner Platz am Fluss mit Skulpturen von Brennand, der Börse und dem Instituto Cultural Bandepe.Schade, das Schiff für die Hafenrundfahrt legt gerade ab. Das nächste kommt in einer halben Stunde, aber so lange kann ich in der brütenden Hitze nicht warten.

Und so laufe ich an den Häuserreihen im Schatten eine Straße nach der anderen ab. Kreuz und quer geht es mittlerweile. Immer, wenn ich umkehren will, entdecke ich etwas Neues. Schließlich gelange ich an die Brücke Ponte Mauricio de Nassau. Meine Kopfhaut prickelt unter der Mütze vor Hitze, meine Sonnenmilch verläuft, noch bevor ich sie von der Tube bis ins Gesicht bringe. Nein!!! Ich gehe nicht über diese Brücke! Zurück aufs Schiff ist das einzig Vernünftige. Eh ich mich‘s versehe, stehe ich in der Mitte der Brücke. Okay. Das war’s. Schluss, weiter geht es auf keinen Fall… da sehe ich auf der anderen Seite ein altes Kirchlein. UND ICH MUSS DA HIN.

Die Kirchentür ist weit geöffnet. Musik dringt aus dem Innern. Eine Frauenstimme singt ein ergreifendes Lied. Ich trete ein und gerate in einen Gottesdienst. Eine ehrfürchtige Stimmung ergreift mich. Ich stehe ganz hinten in der Mitte und lasse alles auf mich wirken. Eine Gottesdienstbesucherin winkt mich zu sich. Mit Zeichensprache frage ich, ob ich filmen darf. Sie reckt den Daumen und schiebt mich wieder in den Mittelgang. Wie unbeschreiblich schön. Die Akustik in der schlichten Kirche, der Wechselgesang - mittlerweile singen die Besucher auch - sie bewegen sich im Rhythmus der Musik - Gänsehaut-Feeling pur.

Doch es hilft nichts. Ich muss zur Costa Pacifica. Abfahrt ist in 1.5 Stunden und es ist ein gutes Stück zu laufen. Zur Not werde ich ein Taxi nehmen. Die Brücke passiere ich auf der anderen Seite. Ein Fischer hängt über der Brüstung und zieht ein Netz rauf. Ich fotografiere ihn heimlich. Doch dann bricht die Neugier durch. Was, um Himmels willen, lebt in dieser dreckigen, stinkenden Brühe? Ich stelle mich neben ihn. Ein paar Krabben sind seine Beute. Er geht weiter zu einem zweiten Netz. Ich ihm auf den Fersen. Ich fasse mir ein Herz und frage ihn, ob ich ihn fotographieren darf. Schwer zu sagen, ob er begeistert ist oder die Fotosession eher missmutig über sich ergehen lässt. Ich lobe seinen mickrigen Fang und er rafft sich zu einem Lächeln auf.John Ward hat recht: Ein geglückter Urlaub besteht aus netten Kleinigkeiten.

Mit letzter Kraft … ich fühle mich wie ein zu lang gebratenes Spiegelei… schleppe ich mich in den Hafenterminal. Die Organisation ist perfekt. Man kann gar nicht falsch laufen. An jeder Abzweigung steht Costa-Personal und lotst die Passagiere zu den Shuttlebussen. Gerade mal zwei Minuten muss ich warten, dann kommt schon der nächste. Rauf aufs Schiff. Und dann zu meiner ersten Anlaufstelle nach den Ausflügen. Der Barmann grinst mir entgegen und bringt mir zwei Gläser Sprudel, eine Cola und ein alkoholfreies Becks. Irgendwie verdunstet das Zeugs…

Schnell unter die Dusche, wieder rauf aufs Deck. Andrea Boccelli ist schon am „Time to say Good-bye“-Singen.

Leinen los - der Atlantik wartet. Auf Wiedersehen Brasilien!

10. Tag: Tag auf See

"Das Schiff, auf dem ich heute bin, treibt jetzt in die uferlose,
in die offene See. - Fragt Ihr: "Wohin?" Ich bin nur ein Matrose."
Joachim Ringelnatz

Im Gegensatz zu Herrn Ringelnatz wissen wir Leichtmatrosen, dass unser Ziel Europa heißt. Erlebnisreiche, turbulente und wunderschöne Tage liegen hinter uns. So kommen die Seetage gerade recht, um die Seele baumeln zu lassen, sich im Liegestuhl zu räkeln, aufs Meer zu schauen, zu lesen … einfach auszuspannen und die Eindrücke unserer Landausflüge Revue passieren zu lassen.

Eine noch unwirkliche Vorstellung, die nächsten Tage nichts als Wasser um uns zu haben, denn jetzt geht es "quer über den großen Teich". Für mich, deren Berufswunsch bis zum achten, neunten Lebensjahr Pirat war, geht ein Traum in Erfüllung. Unendliche Weiten, Wind, Wellen und das Gefühl von uneingeschränkter Freiheit begleiten uns auf unserem Weg.

Das schiffseigene Hospital werden wir hoffentlich nicht brauchen. Aber es ist gut zu wissen, dass für den Fall der Fälle Tabletten gegen Seekrankheit beim Informationsdesk und im medizinischen Zentrum erhältlich sind.

Um es an den Seetagen ruhiger angehen lassen zu können, haben wir uns für eine Balkonkabine entschieden. Nun ist endlich Zeit, sie genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie ist sehr geräumig und mit einem ausziehbaren Sofa ausgestattet. Auf dem Balkon stehen zwei mehr als ramponierte Stühle. Ronald, unser Kabinensteward, verspricht, Abhilfe zu schaffen. Ein kleiner Tisch vervollständigt das Ganze.

Die Klimaanlage ist individuell regulierbar. Das Bad ist zweckmäßig und ausreichend groß. Die Dusche ist super. Duschkopf mehrfach verstellbar und es kommt ein kräftiger Strahl. Das Satelliten-TV (+ Pay-TV-Filme) werden wir nicht brauchen. Uns interessiert hier nur das interaktive Fernsehen, mit dem wir ggf. Serviceleistungen an Bord buchen und unser Schiffskonto einsehen können. Die Stromspannung beträgt 220-115V/60Hz für Elektro-Rasierer und Akku Ladegeräte. Ein Adapter wird benötigt. Es gibt in der ganzen Kabine nur eine Steckdose, bzw. zwei, wenn man den Fernseher aussteckt, aber dann fehlt in der Regel ein Adapter. Ich habe deshalb auf Reisen immer eine Mehrzwecksteckdose dabei. Ein Föhn ist zwar vorhanden, aber hier braucht man unendliche Geduld. Schneller geht es, die Haare vom Fahrtwind trocknen zu lassen.

Die Ablagemöglichkeiten sind sehr gut. Lediglich der Kleiderschrank ist für längere Kleidung ungeeignet. In einem Schrankteil ist unten eine weitere Schublade, im anderen liegen die Rettungswesten und verhindern, dass man die Kleider und Hosen ganz aushängen kann. Die Rettungswesten haben wir zwei Mal unter den Betten deponiert, kamen damit aber bei Ronald gar nicht gut an.

Auf anderen Kreuzfahrtschiffen war es schon fast störend, dass man nichts liegen lassen konnte. Alles wurde feinsäuberlich aufgeräumt, zusammengefaltet, geordnet. Hier kann man unbesorgt sein. Selbst unsere Koffer haben wir nach drei Tagen selbst unter die Betten geschoben. Den Safe haben wir gleich am ersten Tag in Gebrauch genommen. Er ist groß genug um sogar die Kamera und das Netbook darin unterzubringen.

Auch heute haben wir Programm. Wir "müssen" wir auf Deck 9. Dort findet gleich die Äquatortaufe statt. Die Überquerung ist zwar erst heute Nacht und wenn jäh das Schiff sinken würde, hätten wir zu früh gefeiert, aber der Käpt’n wird schon wissen, was er tut. Eingeseift und in den Pool geworfen zu werden, wollen wir nicht, zusehen ist so viel schöner und interessanter und unsere Urkunden haben wir trotzdem bekommen.Ein herrliches Spektakel. Neptun füllt seine Rolle hervorragend aus. Der kleine Asiate, den sie als Neptun ausgewählt haben, hat den Tag seines Lebens. Majestätisch versuchte er, die Treppe herunterzugehen, stolpert über sein Gewand, kann sich mit einer Hand an der Treppe festhalten und erwischt gerade noch so seine Krone. Etwas schief sitzt sie nun. Er fuchtelt mit seinem Stab, geht drohend auf die Täuflinge los, die, sich an einem Seil festhaltend, die Gunst Neptuns erflehen - eine gute Show! Viel besser, als wäre Neptun ein langweiliger Gefährte. Der Kapitän übergibt symbolisch seinen Schlüssel an Neptun und erbittet seinen Schutz auf unserem langen Weg durch sein Reich. Anschließend werden die Täuflinge eingeseift und in den Pool geworfen.

Abends ist ein Kostümball, aber hier ist, außer einmal mit der Typhon-Hupe geblasen, von der Äquatorüberquerung nichts zu merken. Vielleicht auch, weil die Musik ohrenbetäubend ist. Nach Mitternacht und ein paar Cocktails, schließlich muss so ein denkwürdiges Ereignis gebührend gefeiert werden, wanken wir ins Bett.

11. Tag: Tag auf See

"Meer - ich wollte Dich beschreiben.
Doch da hatten Deine Wellen schon meine Gedanken hinter
den Horizont getragen, ins erste Morgenlicht.
So stehe ich hier und schweige umgeben vom Rauschen
und der Unendlichkeit des Augenblicks."
Engelbert Schinkel

Es ist so unbeschreiblich schön, morgens den Vorhang aufzumachen und auf das endlos weite Meer zu schauen. Nirgends ist ein anderes Schiff zu sehen. Wir lieben diesen Anblick. Unser erster und letzter Gang des Tages führt uns auf den Balkon. Die - noch - warme Seeluft, die uns wie mit einem Mantel aus Samt und Seide umhüllt, uns schmeichelt. Wir könnten ewig so stehen. Schon der Geruch macht süchtig.

Die Uhr wurde heute Nacht um eine Stunde vorgestellt und wir sind spät dran. Aber das Langschläfer-Frühstück ruft. Im Speisesaal des Restaurants New York kann man 7.30 Uhr - 9.30 Uhr frühstücken. Mittagessen gibt es von 12.00 Uhr - 13.30 Uhr. Hamburger und Hotdogs von 12.00 Uhr - 15.30 Uhr, Kaffee und Kuchen von 16.00 Uhr - 17.00 Uhr und Pizzastückchen von 12.00 Uhr - 18.00 Uhr. Im Buffetrestaurant auf Deck 9 gibt es bis 10.00 Uhr Frühstück, danach, ebenfalls auf Deck 9, Langschläfer-Frühstück bis 11.00 Uhr. Nur, dass die ohnehin schon beschränkte Auswahl hier noch geringer ist.

Vielleicht ist das Frühstück im Restaurant besser, wobei unser Kellner meint, es gäbe das Gleiche, wie im Buffetrestaurant. Wir sind Spätaufsteher und fast jeden zweiten Tag wird die Uhr eine Stunde nach vorne gestellt. Deshalb reicht es uns zum Frühstück nicht ins Restaurant. Weil wir so spät Mittag essen, gehen wir erst gegen 14.00 Uhr zum Buffetrestaurant. Hier ist es sehr unterschiedlich. Es gibt durchaus gute Speisen, aber von Nudeln, Lasagne & Co. sollte man die Finger lassen. Klar, Buffet, da sind Nudeln schnell mal total verkocht. Wir halten uns an Gemüse, Reis, an einer Station gibt es öfters mal sehr leckeres und zartes Lamm. Heute hatten wir gutes Schaschlik.

Abends ist das Essen etwas besser. Nach zweimaligem Tischwechsel sind wir am dritten Abend vom "My Way" ins "New York - New York" übergewechselt. Wir sitzen oben an einem Zweier-Tisch, direkt an der Balustrade und können den ganzen unteren Speisesaal überblicken. Unsere Kellner, Eduardo und Alvin von den Philippinen sind sehr aufmerksam und von einer wohltuenden, herzlichen, nicht aufgesetzten Freundlichkeit. Eduardo freut sich auf Savona, geht es für ihn doch von da aus heim nach Manila. Er hat eine 4-jährige Tochter, die er nur zwei Monate im Jahr sieht. Aber der Verdienst auf dem Kreuzfahrtschiff sichert ihre Ausbildung auf einer Privatschule. Für Alvin ist es die erste Kreuzfahrt, doch die beiden sind ein perfektes Team, als würden sie schon Jahrelang zusammen arbeiten.

Auch das brasilianische Ehepaar am Nebentisch ist von den beiden begeistert. Wir kommen jeden Abend ein bisschen mehr ins Gespräch. Leider kann nur Laura englisch, ihr Mann Gustavo ist auf sie als Dolmetscherin angewiesen. Wir flachsen, reden über Gott und die Welt und kommen so natürlich auch auf das Thema Fußball. Laura grinst und meint zu mir, ich solle ihrem Mann doch mit den Fingern zeigen, wie hoch Deutschland bei der WM gewonnen hat …

Die Portionen sind eher klein und so bestellt Gustavo jeden Abend zwei Vorspeisen und zwei Hauptgerichte - alles kein Problem. Eduardo versorgt uns aufs Beste.

Am ersten Tag im "New York - New York" haben wir, wir sind schließlich auf einem italienischen Schiff - Eis zum Nachtisch bestellt. Wir haben selten so etwas wässriges und geschmackloses "Etwas" als Eis bekommen. Leider müssen wir da jetzt jeden Abend durch. Egal, was wir als Nachtisch bestellen, Eduardo bringt uns zusätzlich noch zwei Kugeln Eis mit. Und weil er so begeistert ist und denkt, wir freuen uns darüber, bringen wir es nicht übers Herz, ihn zu enttäuschen. Manchmal versuchen wir uns aus der Affäre zu ziehen und täuschen Magenschmerzen vor. Dann bekommen wir zum Eis einen Kamillentee. Und so essen wir ganz schnell das Eis und widmen uns dann dem wirklich guten Nachtisch.

So vergehen die Tage wie im Flug. Heute Nacht wird die Uhr wieder eine Stunde umgestellt. Laura, Gustavo, meine Mutter und ich sind immer bei den Letzten, die aus dem Speisesaal gehen. Dann müssen wir noch auf einen Absacker an die Bar und schwups … schon wieder ist es nach Mitternacht

12. Tag: Tag auf See

"Wenn der Wind mit Deinen Haaren spielt und Dir die
Sonne ins Gesicht strahlt, spürst Du, dass Du lebst."
Autor unbekannt

Leider macht sich die Sonne heute rar. Dafür haben wir mehr Wind und das Meer zeigt uns seine kalte, graue, unfreundliche Schulter. Doch auch das hat seinen Reiz und Sonne hatten wir die letzten Tage mehr als genug. Und so können wir das breite Angebot des Animationsteams unter die Lupe nehmen.

Man weiß gar nicht, was man alles machen soll. Doch wir wollen nur zuschauen, selbst mitmachen wäre viel zu anstrengend. Schön, dass für jeden etwas dabei ist. Und die Angebote werden sehr gut angenommen. Evtl. käme ein Portugiesisch-Kurs am ehesten in Frage. Italienisch wird so gut wie gar nicht benötigt. Fast alle Crew-Mitglieder in den öffentlichen Bereichen sind Brasilianer oder von den Philippinen. Englisch verstehen alle. Natürlich sprechen sie auch italienisch. Extra lernen braucht man es für die Kreuzfahrt nicht.

Alle, die uns kennen, wissen, dass wir nicht zu den mäkeligen Typen gehören und über kleinere, und manchmal größere Mängel, hinwegsehen. Das macht schließlich einen Teil vom Reisen aus. So haben wir beispielsweise bei einer balinesischen Taufe schon mal auf dem verdreckten Boden gesessen und undefinierbare Speisen gegessen - und es war wunderbar. Buche ich ein zwei Sterne-Hotel, kann ich nicht den Service von 5-Sternen erwarten.

Heute haben wir uns beim Mittagessen "erlaubt", jede ein alkoholfreies Bier, eine Cola (zum Mischen) und ein Glas Sprudel zu bestellen. Als wir nochmal ein Cola wollten, schimpfte der Mensch vom Getränke-Service, es sei immer das Gleiche mit den Passagieren, die all-in gebucht hätten…?

Zum Glück gibt es Fernanda, Louis, Margeritha, Sonja, Mattheo, Ronaldo, natürlich Eduardo und Alvin. Insgesamt kommen wir auf ca. 10 - 15 Crew-Mitglieder, die sehr nett, höflich und freundlich sind. Bei ihnen bleibt zwischendrin sogar Zeit, ein, zwei persönliche Worte zu wechseln.

Die Sauberkeit an Bord ist unserer Meinung ein weiteres Manko. Einerseits blinkt und blitzt es in den Bars und den Wegen in den öffentlichen Bereichen. Die Teppiche auf den Wegen zur Kabine und in unserer Kabine selbst sind fleckig und sehr abgewohnt.

Wir machen es seit dem ersten Tag wie die damaligen brasilianischen Gäste am Nebentisch. Es gibt Stoffservietten zu den Essen und wir benutzen jede eine als Tischset und die andere als Serviette. Problem gelöst. Nach Ende der Essenszeit werden die Tische zwar mit einer Sprühflasche eingenebelt, dann aber wieder mit einem Lappen ohne Wasser abgewischt.

Abends geht es stilvoller zu. Obwohl wir glauben, dass unsere Tischdecke, seit wir dort essen, noch nie gewechselt wurden. Zumindest die drei Flecken, die vor uns da waren, sind immer an derselben Stelle.

13. Tag: Seetag

"Du wirst die Welt niemals richtig genießen, bis nicht das Meer durch Deine Adern fließt, dich der Himmel zudeckt und die Sterne Dich krönen."
Thomas Traherne

Es wird merklich kühler. Ohne Jacke und Hose können wir mittlerweile nicht mehr auf unserem Balkon sitzen. Dafür scheint die Sonne wieder. Zeit, das Schiff komplett abzulaufen.

Das Internet funktioniert leider nicht mehr. Heute hab ich einen Anlauf gestartet. Wir sind nahe der Kapverdischen Inseln, aber keine Chance. Auch hier heißt es: aufgepasst. Es reicht nicht, sich "normal" auszuloggen. Es gibt drei Schritte, die durchlaufen werden müssen, bevor man tatsächlich keine Internetverbindung mehr hat. Selbst bei Meldung "Sie sind ausgeloggt", muss man noch http/wifi/logout eingeben. Blöd, wenn dann, wie heute, die Meldung kommt "Seite kann nicht angezeigt werden". Bei mir heißt es heute: zehn Minuten "geschrammt", zuerst wurden die Seiten nicht aufgebaut und anschließend konnte ich mich nicht gleich ausloggen.

So, Zeit für einen weiteren Bordspaziergang.

Die Bücherei ist gut sortiert. In allen gängigen Sprachen sind Bücher vorrätig. Keine Ahnung, warum die Bücherei täglich nur morgens und nachmittags zwei Stunden geöffnet hat. Es ist kuschelig dort und man könnte dort gut einen Nachmittag verbringen.

Gestern Abend waren wir wieder im Theater Stardust. Die Zeiten für die Vorstellungen sind gut gelöst. Die zweite Tischzeit kann die Show von 20.00 Uhr bis 20.45 Uhr besuchen, die erste Sitzung dann ab 21.45 Uhr. Die Shows sind sehr gut gemacht. Professionell, viele Kostüm- und Kulissenwechsel, sehr kurzweilig, gute Sänger und Tänzer.

Heute Abend verzichten wir darauf. Schließlich kann man heute das obligatorische Foto mit dem Kapitän schießen. Denken wir. Aber wir haben die Geschäftspolitik von Costa nicht beachtet. Ich will nicht mit aufs Foto, sondern nur meine Mutter mit ihm knipsen. Für sie gehört es dazu und macht sich im Fotobuch auch gut. Uns wundert, dass es, wie auf anderen Schiffen, keine Warteschlange gibt. Gerade mal vier Leute sind vor uns.

Mittlerweile kennen wir etliche Passagiere vom Sehen und kurzen Gesprächen. So etwas hat noch keiner von uns erlebt. Einer Frau, die lediglich den Kapitän fotographieren wollte, wollten sie sogar die Kamera beschlagnahmen.

Gut, dass wir beim anschließenden Abendessen mit Laura und Gustavo schon wieder darüber lachen können.

14. Tag: Seetag

"Die Hoffnung durch einen Stern ausdrücken, die Sehnsucht der Seele durch einen strahlenden Sonnenuntergang."
Vincent van Gogh

Unser letzter Seetag bricht an. Diese Nacht war zum ersten Mal der Wellengang stärker. Bis jetzt haben wir kaum gemerkt, auf einem Schiff zu sein. Der Wind nimmt stetig zu, ebenso der Wellengang. Das erste Mal sprühen Gischt Wolken am Bug und Schaumkronen glitzern in der Sonne. Denn sie verlässt uns auch heute nicht. Trotzdem wird es von Tag zu Tag kälter. Die Luft ist eisig. Auf der Joggingstrecke begegnen mir gerade mal drei hartgesottene Sportler. Sie in kurzen Sporthöschen und T-Shirts, ich eingemummelt im Kaputzen Sweat-Shirt und langen Hosen. Ich will ja nicht joggen, sondern fotografieren. Der Wind reißt mir fast die Kamera aus der Hand, wirft mich zurück. Es gehört ein gutes Stück Arbeit dazu, sich gegen den Wind stemmend, vorwärts zu laufen. Dafür schiebt mich auf der Rückseite eine unsichtbare Riesenhand Richtung Reling.

Ab heute besteht die Möglichkeit, ab und an eine Insel zu sehen. Wir sind gespannt, wer von uns als Erste "Land in Sicht" ruft. Ob es heute schon so weit sein wird? Immerhin haben wir das erste Mal Sichtkontakt mit einem Frachter. Eine kleine Sensation ;) - viele machen Bilder. Um 12.00 Uhr passieren wir den Wendekreis des Krebses.

Die Tage auf See haben wir von ganzem Herzen genossen. Es war nie langweilig. Wie gerne würden uns gerne eine weitere Woche dem Dolce far niente hingeben. Auf unserer schwimmenden Stadt, ohne funktionierendes Internet, anscheinend sind nur wenige Fernsehsender zu empfangen, sind wir fernab der Wirklichkeit. Wir fühlen uns, um es mit Leonardo Di Caprio zu sagen: Wie die Könige der Welt! Frei, ungebunden, nur die endlose Weite und unsere eigene kleine Welt. Nichts anderes zählt.

Viele Brasilianer sind mit an Bord. Uns gefällt die lebhafte, manchmal zu laute, aber immer nette und freundliche Art. Wir werden oft einbezogen. Oft auf brasilianisch angesprochen, dann für Spanierinnen gehalten und zuletzt kramt jeder sein mehr oder weniger gutes Englisch heraus. Sehen wir Menschen, denen wir schon einmal begegnet sind, wieder, nehmen sie uns in den Arm. Flüchtige Begegnungen, aber nicht minder herzlich.

So durchstreifen wir das Schiff, plaudern hier, trinken dort einen Kaffee, genießen die Sonnenstrahlen und erfreuen uns am Meer, das heute wieder in strahlendem Blau zum Baden einlädt. Denn, wie meinte einer der Kellner heute: "Was macht Ihr heute? Schwimmen gehen oder lieber eine Runde Wasserski?"

Abends besuchen wir die Shows und/oder sitzen in einer der vielen Bars, in der fast in jeder Lifemusik gespielt wird. Jazz, Swing, Pianomusik, verschiedene Stile zum Tanzen (Latino, Gesellschaftstänze - je nach Geschmack) und eine Disco.

Meistens sitzen wir auf Deck 5 bei der Choccolate Bar. Der Sänger dort spielt brasilianische Musik. Zum einen ist hier die "Rennstrecke", vom und zum Abendessen und Theater, zum anderen sitzen hier viele Brasilianer und singen lauthals die Lieder mit. Oder sie bleiben stehen, legen spontan ein Tänzchen ein, alles völlig ungezwungen und normal. Wir genießen es, sitzen zumeist mittendrin und haben Spaß an so viel Lebensfreude - Saudade!

Heute Abend bestreitet die Crew den Abend. Wir müssen zeitig los, uns ein Plätzchen zu sichern. Die Shows sind immer sehr gut besucht und man sollte gute 15 Minuten vor Beginn da sein, um einen einigermaßen guten Platz zu ergattern.

Die Crewmitglieder geben alles. Eine rundum gelungene Show mit indischen und brasilianischen Tänzen, Sängern, die Köche zeigen ihre Schnitz- und Dekorationskünste. Höhepunkt für uns ist, als die vier Sänger "We are the world" zusammen vortragen. Im Hintergrund laufen Flaggen aller Nationen. Hätten wir als krönenden Abschluss genommen. Die Show endet mit einer brasilianischen Einlage und einer Hommage an Italien. Die Brasilianer hält es nicht mehr auf den Sitzen und so nach und nach stehen alle auf. Standing Ovation für so ein tolles, temperamentvolles Programm. Unsere Hochachtung!

Anschließend treffen wir uns mit Laura und Gustavo zu einem Aperitif. E-Mail-Adressen werden getauscht, gegenseitig Fotos gemacht. Mal sehen, ob nach dem Urlaub der nette Kontakt noch ein wenig bestehen bleibt.

15. Tag: Santa Cruz de Tenerife

"Die Welt ist schön, weil man immer wieder Neues entdeckt, wofür man danken kann, worüber man sich freuen darf."
Adalbert Ludwig Balling

Teneriffa, die "Insel des ewigen Frühlings" und Größte der Kanareninseln heißt uns willkommen. Hinter uns liegen 2.461 Seemeilen (ca. 4.560 km). Um 11.00 Uhr kommt der Lotse an Bord. Die Hafeneinfahrt ist grandios. Sogar der 3.800 m hohe Vulkan El Teide lässt sich kurz sehen. Die grünen Hügel, in denen sich Licht und Schatten brechen, dazwischen kleine Dörfchen, wie mit einem Pinsel hingetupft, ein schöner erster Anblick nach den Seetagen.

Gegen 13.00 Uhr ankern wir im Hafen von Santa Cruz de Tenerife. Er zählt zu den größten spanischen Seehäfen des Atlantiks.

Ungewohnt, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, bewegen wir uns wie Seeleute … schwankend … Noch im Seeräuber-Modus kapern wir einen der kostenlosen Shuttlebusse, der uns direkt bis zur Plaza de Espana, dem zentralen Platz von Santa Cruz bringt. Laufen geht auch. Ca. 1.5 km sind es zu Fuß.

Zuerst steht eine Stadtrundfahrt mit einem der City-Sightseeing-Busse auf dem Programm. Wir möchten uns einen Überblick verschaffen und, wenn noch Zeit bleibt, das eine oder andere genauer ansehen oder gemütlich durch die Fußgängerzone bummeln. Die Fahrt dauert, ohne auszusteigen, 60 Minuten und kostet 18 € pro Person. Wie gewohnt kann man an allen Haltestellen aussteigen und nach 25 Minuten mit dem nächsten Bus weiterfahren.

Was uns schon nach den ersten fünf Minuten im Bus auffällt: der Gestank der Abgase. Und es sind nicht wirklich viele Autos unterwegs. Kaum zu glauben, dass man nach nur 5 Seetagen den Unterschied so gravierend bemerkt. Wie man sich in so kurzer Zeit so umgewöhnen kann … Der Mensch ist und bleibt ein Gewohnheitstier.

Zunächst geht die Fahrt zurück Richtung Costa Pacifica. Am Kreuzfahrtterminal der Stadt, der ein Wunder moderner Architektur ist und jährlich fast eine halbe Million Passagiere empfängt, wird gewendet. Hoffentlich werden die Bilder, die wir an einer roten Ampel schießen können, etwas. Bis jetzt habe ich es noch nicht geschafft, sie in ihrer vollen Pracht und Größe abzulichten. Danach geht es weiter zur Iglesia de Nuestra Senora de la Concepción. Die Kirche ist eine Mischung aus portugiesischem Barock und maurischen Stil. Der Garcia-Sanabria-Park und der Plaza Pedro Schwartz liegen ebenfalls auf unserer Strecke. Gegen Ende der Fahrt kommen wir am Auditorio y P. Maritimo César Manrique vorbei. Eine beeindruckende Kulisse. Ich hätte das Auditorio gerne besichtigt. Im Prospekt heißt es: "Durchlaufe einen Raum, der reine Bewegung ist. Entdecke Schritt für Schritt jede einzelne Ecke, in denen sich die Musik und Formen vereinen, nur für Dich". Doch meine Mutter ist heute nicht gut zu Fuß. So steigen wir an der Endstation aus und laufen zum kleinen Park zurück. Holen uns ein - gutes Eis - und schauen dem lebhaften Treiben der Passanten zu. Es ist Sonntag und viele Einheimische nutzen den schönen, sonnigen Tag.

Und dann ist es auch schon wieder Zeit, zurück zum Shuttlebus zu gehen. Wir müssen nicht lange warten. Er ist bereits gut gefüllt und nach ca. 5 Minuten geht es Richtung Costa Pacifica.

Unsere Tischnachbarn sind heute zum "Schwimmen mit den Delphinen" gefahren. Mal sehen, ob Gustavo heute Abend strahlt oder traurig ist. Es ist nämlich erfreulicherweise kein Dolphinarium, sondern, es "besteht die Möglichkeit von Delphinsichtungen". Hoffentlich wurden Neopren-Anzüge verteilt, sonst war es eine frostige Angelegenheit.

Um 20.00 Uhr heißt es "Leinen los". Ein weiterer Seetag wartet auf uns.

16. & 17. Tag: Seetag & Casablanca

"Alles was du mit deinen Augen siehst ist für dich und wird für dich sein."
(Khalil Gibran)

Ein herrlich langer Tag in Casablanca liegt vor uns, bzw. vor mir. Andra will früher los und meine Mutter bis zum Frühstück noch mit. Aber sie ist stark erkältet und möchte nun doch lieber an Bord bleiben. Und so ziehe ich - mal wieder - alleine los. Ich möchte zu Fuß zur Medina gehen. Laut Reiseführer beträgt die Entfernung vom Kreuzfahrthafen dorthin ca. 20 Minuten. Allerdings sind es sehr, sehr lange 20 Minuten, bei denen es überhaupt nichts zu sehen gibt. Hätte ich dies vorher gewusst, hätte ich ein Taxi genommen. Wie Fliegen haben sie uns umschwärmt, als wir das Schiff verlassen haben. 50 € wollen sie für eine 2-stündige-Rundfahrt. Es wird immer billiger, je weiter ich laufe. Geschafft. Ich bin endlich aus dem Hafen draußen.

Die breite Straße, die vor mir liegt, kann ich auf meinem Stadtplan nicht finden. Was soll‘s, denke ich. Fragen oder ein Taxi nehmen, kann ich immer. Rechts sehe ich eine kleine Gasse mit Obst- und Gemüseständen. Nur mal kurz schauen, die Straße geht sicher um die Ecke und dann bin ich wieder auf der großen. Dem ist nicht so. Immer tiefer gerate ich in kleine, verwinkelte, auch relativ dreckige Gässchen. All die kleinen "Geschäfte" wie Bäckereien, Friseure, Schuhmacher... Ich würd am liebsten ein Bild nach dem anderen schießen, traue mich aber nicht. Das hier, das ist wohl die wahre Medina. Andere Touristen sehe ich nicht. Heimlich knipse ich von einem Friseurladen ein Bild, bei einem Stand mit Fischen frag ich. Hier darf ich zwar die Fische fotografieren, aber leider nicht den Verkäufer.

Ein Marokkaner spricht mich an. Ich frage ihn nach dem Weg zum Place Mohamed V. Natürlich hat er nichts vor und selbstverständlich will er kein Geld - und ich ihn nicht als Begleitschutz. Schließlich einigen wir uns darauf, zusammen zur Avenue Hassan II zu gehen. Dort hat er einen Shop und ich verspreche ihm, später wieder zu kommen. Mittlerweile will er kein Geld mehr, mich aber trotzdem begleiten. Ich wimmle ihn endgültig ab und bin kurze Zeit später am Mittelpunkt von Casablanca zwischen Neustadt und Medina, dem Place Mohammed V. Von hier führen breite, mit Palmen gesäumte Straßen und Boulevards sternförmig in alle Richtungen. Nur mein eigentliches Ziel, Rick’s Café, entdecke ich nicht. Egal, mache ich auf dem Rückweg. So toll find ich den Film eh nicht.

Am Place de Nations Unies ist eine Demo. Nichts wie hin. Keine Ahnung, um was es geht, aber viele Frauen stehen im Kreis, in der Mitte ist eine Art "Ansager" und die Frauen fallen ein. Überhaupt die Frauen. Ich bin total überrascht. Es gibt alle Varianten, aber egal, ob tief verschleiert, nur ein Kopftuch oder offene Haare, alle bewegen sich sehr selbstbewusst, lachen laut, ich sehe Liebespärchen, Hand in Hand, hätte ich so nicht erwartet. Gefällt mir sehr gut.

Was jetzt? Schließlich bin ich bereits zwei Stunden unterwegs. Da sehe ich das Schild "Tourist-Information". Ich bin gerettet, ahne da aber noch nicht, wie sehr ich tatsächlich "gerettet" bin. Hamza, so heißt der junge Mann, berät mich ausführlich, zeichnet mir den Weg zu Rick’s Café und zur Moschee Hassan II. ein. Er ist sehr sympatisch, fragt mich viel, erzählt von seinem Bruder, der in Dänemark wohnt und den er oft besucht. Wir sprechen über das Thema "Flüchtlinge", über den Koran - einfach über Gott und die Welt. Er added mich in Facebook.

Ich möchte weiter, Casablanca sehen, so nett ich mich auch mit ihm unterhalte. So frage ich, was in der Nähe Sehenswertes ist. Er zeigt mir den Weg zu einer, wie er sagt, sehr interessanten Kirche. Dann weist er auf den Platz gegenüber, auf dem Hunderte von Tauben sind. Er meint, wenn ich ein Foto möchte, müsse ich für Futter bezahlen. Aber er hätte immer etwas für die Tauben dabei, greift unter den Tisch, zieht eine Plastiktüte voll mit Brosamen hervor und schenkt sie mir. Nichts liegt mir ferner, als Tauben zu füttern! Seit zwei bei uns daheim unterm Dach ein Nest gebaut haben und wir sie nur sehr schwer wieder losgeworden sind, mag ich keine mehr. Ich bedanke mich herzlich und weil er mich beobachten kann, streue ich halbherzig das Brot um mich rum, laufe weiter und schenke die Tüte einem Kind, das sein Glück gar nicht fassen kann und mich anstrahlt.

Die Kirche liegt hinter einem kleinen Park. Schön anzusehen, aber leider geschlossen. Ich laufe durch den Park, mache ein paar Bilder, gehe zurück und - wen treffe ich wieder? Hamza. Ich frage ihn, ob er nach Hause geht. Nein, meint er, er hätte zwei Stunden Pause und dachte, er schaut mal, ob er mich findet bzw. ob ich die Kirche gefunden hätte. Zusammen gehen wir zurück zur Kirche, weil er mir nicht glaubt, dass sie geschlossen ist, bzw. hofft, jemand zu treffen, der sie für uns aufschließt. Dem ist leider nicht so. Dann, so meint er, will er mir statt dessen Rick’s Café zeigen, fügt aber gleich hinzu, dass man nur fotografieren darf, wenn man etwas verkonsumiert. Dazu hab ich keine Lust, aber Hamza hat einen Plan.

Was hab ich für ein Riesenglück. Hamza hakt mich unter, wenn wir versuchen, über die Straße zu kommen. Rote Ampeln interessieren die Autofahrer herzlich wenig. Wie beim Computerspiel "chicken-rush" komme ich mir vor. Wir müssen jeweils drei Fahrspuren überqueren. So rennen wir auf die Straße, bleiben stehen, Autos fahren um uns herum, angehalten wird nicht. Sieht Hamza eine Lücke, rennen wir weiter. Schließlich ist es geschafft und wir stehen unversehrt auf der anderen Straßenseite. Wie herrlich ist es, mit ihm durch die Medina zu schlendern. Hier ist allerdings alles auf Touristen ausgerichtet sind. Unzählige T-Shirts mit Marokkoaufdrucken, Ansichtskarten, Sonnenbrillen, Hüte, Schuhe, Gürtel, Lederwaren, Gewürze, Tees und und und. Auch die Fremdsprachenkenntnisse der Standbetreiber sind phänomenal. Deutsch, Englisch, Italienisch, Spanisch … alles kein Problem. Doch ich werde nicht bedrängt und kann das laute, quirlige und bunte Treiben auf mich wirken lassen. Insgeheim beschließe ich, wenn ich alleine bin, nochmal durchzulaufen - wird aber leider nichts mehr.

Hamza erzählt und erklärt mir viel über seine Stadt. Er möchte hier nicht weg, obwohl er zu seinem Bruder nach Dänemark könnte. Dieser arbeitet dort als Friseur, ist verheiratet und hat die doppelte Staatsangehörigkeit. Wir kommen an einer kleinen Moschee vorbei, Hamza meint, ich dürfe nicht rein, könne aber gerne ein Bild machen. Hinter uns ertönt lautes Geschrei. Anscheinend ist fotografieren nicht erlaubt. Er redet auf den Mann, der angelaufen kommt, ein. Der beruhigt sich wieder. Hamza grinst und meint, er hätte ihm gesagt, ich würde eventuell zum Islam konvertieren und er zeige mir die verschiedenen Moscheen. So ein Schlitzohr. Wir kommen an einer weiteren Tourist-Information vorbei. Sein Kollege will gerade abschließen, entdeckt uns, schließt wieder auf uns lädt uns zu einer Tasse Tee ein. So gestärkt treffen wir auf dem Weg zu Rick’s Café auf ein Pärchen. Hamza grüßt die beiden, wir wollen weitergehen, da fällt ihm ein, dass es auch Deutsche sind und ruft sie zurück. Die beiden sind mit dem Auto unterwegs - quer durch Marokko - und restlos begeistert von Land und Leuten. Und auch von meinem "Stadtführer". Elke meint, da hätte ich wirklich den Treffer des Tages gelandet. Wir verabschieden uns und sind bei Rick`s Café angekommen. Und Hamza verrät mir seinen Plan. Wir werden so tun, als würden wir einen Tisch reservieren. Er würde reden und ich solle solange versuchen, Bilder zu machen.

Das Café aus dem weltberühmten Film "Casablanca" wurde 2004 eröffnet und zählt wegen seines originalgetreuen Ambientes zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Bis dato war ich der Meinung, der Film sei tatsächlich in Casablanca und im Café gedreht worden. Weit gefehlt! Beim Googeln musste ich feststellen, dass es das Café nur auf Zelluloid gab und nicht eine einzige Szene in Marokko gedreht wurde.

Weiter, als bis zum Reservierungspult, kommen wir nicht. Das Café ist durch einen Vorhang abgetrennt. Gerade mal zwei Bilder von einer Nische kann ich machen. Hamza ruft: "Darling, at what time do you want to go to dinner?". Ich gehe auf sein Spiel ein und, ich weiß, es ist nicht in Ordnung, aber wir reservieren auf 20.00 Uhr. Er verspricht mir, wenn er wieder bei der Arbeit ist, anzurufen und die Reservierung abzusagen.

Leider trennen sich unsere Wege hier. Er muss zur Arbeit, ich will weiter zur Moschee Hassan II. Wir umarmen uns und versprechen, über Facebook in Kontakt zu bleiben.

Die Moschee ist von Rick’s Café aus einfach zu finden. Elke meint, so 5 - 10 Minuten müsse ich einkalkulieren. Die Straße scheint mir endlos lang, aber endlich ist es geschafft.

Über die 1993 eingeweihte Moschee Hassan II. habe ich viel gelesen. So ist, neben anderen Superlativen, das Minarett mit 210 m Höhe das höchste Minarett und auch das höchste Kirchenbauwerk der Welt. Nur die Moschee in Mekka ist größer. Im Gebetssaal finden 25.000 Gläubige Platz. Weitere 80.000 Menschen können am Vorplatz die Gebete mit verfolgen. Von der Kuppel des Minaretts aus weist ein Laserstrahl genau in Richtung Mekka. Das Dach des Gotteshauses lässt sich automatisch öffnen.

»Ich habe mit dieser Großen Moschee die Idee verbunden, Casablanca zu einer einzigartigen Stadt zu machen. Ich wollte die Moschee auf dem Wasser bauen«, soll einst König Hassan II. gesagt haben.

Unvorstellbar - sie ist auf Pfeilern ins Meer gebaut und es soll sogar einen gläsernen Fußboden geben, durch den die Gläubigen während des Gebets die Wellen des Ozeans sehen können.

Das Areal, das die Moschee umgibt, ist gigantisch und alleine schon eine Sehenswürdigkeit für sich. Touristen und Einheimische bevölkern die Anlage. Längst kommen die Menschen nicht nur zum Gebet hierher. Vielmehr ist es ein Treffpunkt von alt und jung. Die Stimmung ist gelöst, lebhaft und freundlich. Junge Marokkanerinnen, modern gekleidet, kichern mit Mädchen, die das traditionelle Kopftuch tragen, Kinder spielen, rennen und hüpfen um mich herum. Auf den zahlreichen Treppen und Brunnen sitzen einträchtig Marokkaner und Touristen - eine einzigartige Atmosphäre, die ich genieße, während ich das imposante Bauwerk auf mich wirken lasse.

Natürlich will ich sie von innen besichtigen. Nicht ganz so einfach. Ich sehe kein Schild oder ähnliches. Also laufe ich einer Gruppe Marokkanerinnen hinterher. Wir landen auf der Toilette. Keine schlechte Idee. Natürlich Steh-Klos und dreckig. Immerhin kann man sich hinterher die Hände waschen. Also wieder raus und den Eingang gesucht.

Da sehe ich eine Gruppe Touristen, die durch eine kleine Seitentür in die Moschee geht. Schnell hinterher. Der Mann, der die Gruppe begleitet, schlägt mir die Tür vor der Nase zu. Er erklärt mir, die Moschee sei jetzt geschlossen, dies wäre die letzte Gruppe für heute gewesen. Ich könne jedoch versuchen, ein Ticket zu bekommen, dann ließe er mich ausnahmsweise rein. Er zeigt mir den Weg zum Ticketschalter bzw. zum Angestellten, der den Eingang zum Ticketschalter bewacht. Dort ist ein Absperrseil und er meint, ich hätte keine Chance mehr, eine Karte zu kaufen, ich solle morgen wiederkommen. Ich schaue ihn traurig an, zucke mit den Schultern. Morgen könne ich nicht wieder kommen. Ich hätte nur den einen Tag in Casablanca und mein größter Wunsch sei es, die Moschee zu besichtigen. Er schüttelt mit dem Kopf. Es ist im schlichtweg egal. Da geschieht ein kleines Wunder. Der Mann, der mich nicht reinlassen wollte, kommt rüber und will wissen, was los ist. Dann seufzt er, meint, ich solle ganz schnell über das Seil klettern, die Treppe runterlaufen und wenn da noch jemand da sei, in Gottes Namen, dürfe ich rein. Ich laufe runter, plötzlich ist er neben mir und schneller als ich beim Ticketschalter. Der hat zu, es ist aber noch jemand da. Der Angestellte gibt mir widerwillig ein Ticket (12 €) und meint, wenn der Chef befiehlt, müsse er eine Ausnahme machen. Mein Begleiter packt mich am Arm, zieht mich die Treppe hoch, drückt mir eine Plastiktüte für die Schuhe in die Hand und schiebt mich in die Moschee. Drinnen sei die Gruppe, die er vorher reingelassen hat. Der solle ich mich anschließen. Und schwupps, ist er weg.

Die Gruppe ist noch nicht sehr weit gekommen und ich schlendere hinter ihnen her. Außer uns und den Männern, die staubsaugen, ist niemand mehr hier. Ist das toll! Wir haben die gesamte Moschee für uns alleine. Niemand drängelt oder ist laut. Leider versteh ich nichts, die Gruppe spricht portugiesisch, aber ich darf mich ihnen anschließen. Wenn man ganz ruhig in der Mitte der Moschee steht, bewegt sich der Fußboden. Wir sind über dem Meer!

Nach der Besichtigung sitze ich ein Weilchen auf dem Mauerrand, der die Moschee umschließt und schaue badenden Kindern zu. Zeit, mich auf den langen Rückweg zu machen. Ich will zurück zur Medina. Ein Taxi hält neben mir und plötzlich bin ich so müde, mir tun die Füße weh - ich möchte lieber aufs Schiff zurück. Der Taxifahrer verlangt 10 €. Ich winke ab. Er fährt neben mir her. Klar, ich soll den Preis machen. Also, 5 € - er akzeptiert ohne Nachzuverhandeln. Ich hätte 3 € sagen sollen ;). Hossein, mein Taxifahrer, hat sich - was sonst - auf den ersten Blick unsterblich in mich verliebt. Klar… Ich glaub ja auch noch an den Weihnachtsmann. Nur deshalb der günstige Preis. Er hätte ein Appartement in Casablanca und wann immer ich wieder kommen und Urlaub machen wolle, ich bräuchte ihn nur anzurufen. Und wir könnten nach Marrakesch, und wo immer ich hin wolle, fahren. Er will sich mit mir verloben, meint, ich könne ja zu ihm zurückkommen, wenn ich mal solo wäre. Er wird nicht zudringlich, er hat eine charmante Art, sonst würde ich aussteigen. So plaudern wir freundschaftlich, bis er mich beim Schiff absetzt. Ich krame meine arabischen Sätze heraus, er ist total begeistert. Er gibt mir seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse und will unbedingt ein Erinnerungsfoto. Ich knipse ihn, aber das genügt nicht. Er will ein Bild mit uns beiden. Er fragt einen seiner Taxi-Kumpane, der möchte aber nicht knipsen. Ich will weiterlaufen, da hält er mich zurück und fragt Touristen, die gerade zur Pacifica laufen. Endlich klappt es mit dem Bild ;) und ich kann zurück an Bord.

Was für ein herrlicher Tag!

18. & 19. Tag: Gibraltar & Seetag

"Man hat keine Idee davon, wie schön die Welt eigentlich ist, wenn man nicht Meere und Länder durchstrichen hat."
(Georg Weerth)

Um 10.00 Uhr durchfahren wir die Straße von Gibraltar. An ihrer engsten Stelle ist sie 14 km breit und insgesamt ca. 60 km lang. Ebenfalls um 10.00 Uhr ist die Info-Veranstaltung über die Ausschiffungsformalitäten angesetzt. Nicht, dass wir vorgestern einen Seetag hatten und morgen nochmal Seetag angesagt ist. Nein, es muss heute sein. Ich gehe nicht hin. Irgendwie werden wir von Bord kommen. Später erfahren wir, dass am morgigen Seetag um 17.00 Uhr nochmal eine Info-Veranstaltung ist, außerdem läuft im Fernsehen eine Sendung darüber. Also, nichts verpasst.

Auf der Fahrt von Casablanca nach Gibraltar hatten wir, entgegen der Bordzeitung, ebenso ruhige See, wie während der gesamten Reisezeit. Außer ein wenig Regen in Sao Paulo hatten wir jeden Tag schönes, sonniges Wetter, keine Wellen, nahezu ein unverschämtes Glück!

12.30 Uhr - Wir laufen in den Hafen von Gibraltar ein. Ein kleines Stück Großbritannien lockt zur Entdeckung. Der Fels von Gibraltar ist einer der berühmtesten Felsen der Welt. Er trennt Europa und Afrika und war immer ein strategisch wichtiger Knotenpunkt, sowohl militärisch als auch wirtschaftlich. 1704 wurde er und der kleine Ort von Großbritannien erobert. Trotz langer Belagerungen konnte Gibraltar seit dem Mittelalter nicht mehr von feindlichen Mächten eingenommen werden. Am Bekanntesten ist wohl die Schlacht von Trafalgar. Noch heute liegen die Opfer der großen Seeschlacht auf dem Trafalgar-Friedhof begraben. Der in Rum konservierte Leichnam Lord Nelsons wurde zuerst nach Gibraltar gebracht, bevor er zu seiner endgültigen Grabstätte in England überführt wurde. Heute ist der imposante Felsen zum größten Teil Naturschutzgebiet und der Lebensraum von über 250 Berberaffen.

Wir legen im neuen Kreuzfahrtterminal an der North Mole Road an. Von hier aus sind es knapp 2 km zur Innenstadt. Nicht weit, aber trotzdem fahre ich mit dem Shuttlebus (3 € pro Strecke). Die Haltestelle ist direkt in der Main Street. Es ist schön hier: Viele gemütlich aussehende Pubs, Geschäfte, Cafés, lebhaftes Treiben, wohin man schaut.

Ich bin spät von Bord gekommen, meine Mutter ist stark erkältet, und habe nicht mehr viel Zeit. Darum will ich mit einem Sammeltaxi Gibraltar besichtigen. Nicht so einfach. Alle sind schon weg und die Passanten, die zu Fuß unterwegs sind, wollen keine Rundfahrt machen. Und nicht alle Taxen dürfen die Tour durchführen. Endlich habe ich eins gefunden. Sogar drei Personen sitzen drin. Die wiederum wollen statt der 2 ½ Stunden-Tour nur 1 Stunde (um den gleichen Preis = 32 € inkl. Eintrittsgelder) machen. Sie arbeiten auf der Costa und haben nur 1 ½ Stunden Zeit. Das wiederum will ich nicht. Charlie, der Fahrer des Shuttlebusses, kommt mit einer neuen Fuhre und nimmt sich meiner an. Er meint, er könne die Tour um 25 € fahren, brauche aber mindestens 4 Personen. Was aus seinen Shuttle-Fahrten wird, frage ich. Er winkt nur ab. Das würde sich schon irgendwie regeln. Es zieht und zieht sich, wird immer später. Ich sehe alle meine Felle davonschwimmen und will versuchen, doch zur Seilbahn zu laufen. Charlie hält mich bei der Stange und verspricht mir, notfalls alleine mit mir die Tour zu fahren, weil ich so lange mit ihm gewartet habe. Endlich findet sich jemand und plötzlich ist der ganze Bus voll. Und eben weil ich so lange gewartet habe, platziert mich Charlie auf dem Vordersitz, obwohl die hinteren Sitzreihen nun komplett gefüllt sind und ein Paar nicht zusammen sitzen kann. Kurz überlege ich, ob ich tauschen soll, damit die beiden zusammensitzen können. Aber dann denke ich dran, wie lange ich hier schon gestanden bin und gewartet habe. Ich verdränge mein schlechtes Gewissen und genieße die Fahrt in der "ersten Reihe". Und die hat was!

Der enorme Verkehr, die engen Straßen, schon das ist sehenswert. Oft passt nicht mal mehr eine Handbreite zwischen die Autos. Klasse! Geht es um eine Kurve, schießt Charlie scheinbar auf den Abgrund zu, tritt in die Bremsen, dass sie quietschen und setzt zurück, um überhaupt um die Kurven zu kommen - wie im Film.

Merkt er, dass wir fotografieren möchten, hält er an, lässt uns aussteigen und fährt ein Stück mit dem Bus neben uns her. Machen aber alle Busse so. Bis wir oben angekommen, ist er jedes Mal da, sammelt uns wieder ein und weiter geht’s.

Charlie erzählt uns, dass die Gibraltarer spanglish reden und die gut 30.000 Einwohner ein buntes Gemisch spanischer, marokkanischer, genuesischer und arabischer Herkunft sind. Trotzdem sei es einer der friedlichsten Orte, die er kenne. Jeder lässt jeden leben und glauben, an was und wen er möchte.

Wir kommen an einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Gibraltars vorbei, der maurischen Burg Moorish Castle. Sie ist ein Relikt aus der Zeit der Besetzung durch die Mauren. Gebaut wurde sie unter dem ersten Muslim, der auf Gibraltar gelandet ist. Der Fels trägt im arabischen immer noch seinen Namen: Dschabal at-Tariq. Weiter geht die Fahrt zum Herakles-Denkmal. In der mythischen Sage ist der Fels eine der Säulen des Herakles, auf denen nach dem altertümlichen Weltbild das Himmelszelt ruht und mit seinen Säulen das Ende der bekannten Welt darstellte. Erfreulicherweise wissen wir, dass das nicht der Fall ist, wollen wir doch weiter nach Barcelona und Marseille, aber vorstellen könnte man es sich schon.

Unser nächster, längerer Halt ist die St. Michael’s Cave. 300 m über dem Meeresspiegel liegt die Höhle. Ich halte die 20 Minuten für mehr als genug, haben wir auf der Schwäbischen Alb selbst genügend Tropfsteinhöhlen, aber so etwas Schönes habe ich noch nie gesehen und am Ende sind wir über 30 Minuten drin. Der erste Bereich der Höhle ist riesig. Wie in einem Amphitheater sind rechts und links Stühle in den Fels gehauen. Stalaktiten und Stalagmiten, eingetaucht in wechselnde Beleuchtung, bilden einen märchenhaften Hintergrund. Zwei Mal täglich findet eine Licht- und Tonschau statt und ab und zu Ballettabende und Konzerte. Wir dringen tief in die Höhle ein, die Wege werden niedriger und enger und immer spektakulärer. Grandios! Absolut faszinierend!

Als wir aus der Höhle kommen, sehen wir den ersten Affen. Gelassen sitzt er vor dem Eingang des Shops. Charlie meint, der gehöre hierher und sei ein hinterlistiger Bursche. Er stehle, was immer er erwische. Anscheinend belästigen die Affen die Touristen wohl nicht, außer, sie vermuten etwas zu essen. Natürlich sollen wir auf unsere Taschen und Fotoapparate aufpassen, aber generell passiere nichts und sie seien nicht aggressiv. Nur eben der "Shop-Affe" bediene sich an allem, was er erwischen könne. Essbares vermutend, reißt er alles, was nach Plastiktüte aussieht weg und türmt. Da sie keine natürlichen Feinde haben, wird seit Jahren die Population überwacht und Affen teilweise in Zoos verkauft. Man hätte dies lange nicht gemacht. Als Folge wären die Affen in die Stadt gekommen, ein untragbarer Zustand. Leider.

Nach weiteren Fotostopps, wann immer sich eine schöne Aussicht bietet, gelangen wir zu den "The Great Siege Tunnels". Diese wurden 1779 - 1783 mittels Kanonen und den einfachsten Werkzeugen in den Fels gehauen und haben in den 70zger Jahren den Sieg Spaniens über Gibraltar verhindert. Von dort aus sieht man den Flughafen Gibraltars in seiner vollen "Länge". Kurios - der Stadtverkehr verläuft mitten durch den Flughafen. Landet eins, liegt der Verkehr brach. Wie bei uns mit Eisenbahnen. Bald soll ein Tunnel fertiggestellt werden, der unter dem neuen Flughafenterminal durchführt. Der Tourismus soll weiter ausgebaut werden. Wir verlassen den Fels und in halsbrecherischer Fahrt geht es zurück in die Stadt. Aus den 2 ½ Stunden sind 3 ½ geworden und es wird Zeit, nach meiner Patienten zu sehen. So verzichte ich schweren Herzens auf die Stunde, die mir noch für das Städtchen bliebe. Charlie bringt diejenigen, die zurück wollen, zum Schiff, die anderen lässt er in der Mainstreet aussteigen.

Gibraltar gehört auf jeden Fall zu den Orten, die ich nochmal und ausgiebig besuchen möchte.

20. Tag: Barcelona

"Nur Reisen ist leben, wie Leben Reisen ist."
(Jean Paul)

Gestern Abend war Käpt’ns Dinner/Galaabend. Gegen Ende schaute der Kapitän höchstpersönlich vorbei, um mit den Gästen mit Sekt, der - oh Wunder + von Costa spendiert wurde, auf das Ende der Reise anzustoßen. Viele Brasilianer gehen heute von Bord und so drückt uns die nette Brasilianerin, die öfters abends in Deck 5 neben uns saß und auf uns einredete, obwohl wir so gut wie gar nichts verstehen, ganz fest in die Arme und wünscht uns ebenfalls eine gute Heimreise, dass wir uns mal wieder auf einer Kreuzfahrt begegnen. Es war so rührend, dass wir alle ein paar Tränchen verdrückt haben

Das europäische Festland hat uns wieder! Nach unserem letzten Seetag steht uns an den verbleibenden Landtagen mit Barcelona und Marseille viel Zeit zur Verfügung. Vielleicht, damit wir uns nach all der Zeit auf unserem schwimmenden Zuhause wieder mit festem Boden unter den Füßen zurechtfinden….

Barcelona, nach Madrid die zweitgrößte Stadt Spaniens, ist mit ihren etwa 1.6 Millionen Einwohnern im Stadtgebiet die am dichtesten besiedelte Millionenstadt Europas nach Paris. Der Hafen ist der Wichtigste und Modernste in Spanien. Costa betreibt hier einen komfortablen Kreuzfahrtterminal und so geht der Ausstieg, wie immer, schnell und reibungslos vonstatten.

Hier ein großes Kompliment. So schnell sind wir noch bei keiner Kreuzfahrt von Bord gekommen. Mussten wir sonst immer warten, bis alle, die übers Schiff einen Ausflug gebucht haben, von Bord waren, ist man hier jedes Mal innerhalb weniger Minuten von Bord. Klasse.

Der kostenpflichtige Shuttlebus von Costa fährt alle 30 Minuten (13 $ pro Person, Hin- und Rückfahrt). Es gibt noch einen Shuttle vom Hafen um 3 € pro Fahrt/Person. Wir entscheiden uns für ein Taxi (9 €, 1 Fahrt/2 Pers.).

Heute gibt es nicht viel zu berichten. Meine Mutter ist nicht fit, laufen kommt leider nicht in Frage. Wir entscheiden uns für eine Rundfahrt mit einem der Sightseeing-Busse (28 € pro Tag). Die Infos sind informativ und wir können uns einen Überblick über die interessantesten Plätze und Gebäude machen.

An Gaudí kommt man nicht vorbei. Wir passieren etliche seiner berühmten Gebäude, vor allem die noch unvollendete Kirche Sagrada Família, an der seit 1882 gebaut wird. Auf den ersten Blick sieht sie aus wie eine überdimensionale, filigrane Sandburg, zumindest der Teil, der nicht von Baugerüsten verdeckt ist. Gaudí soll 43 Jahre an der Kirche gearbeitet haben. Auf die Unmöglichkeit einer baldigen Fertigstellung angesprochen, anwortete Gaudí: "Mein Kunde hat keine Eile."

Nach der zweistündigen Rundfahrt entscheiden wir uns, die andere Route auch zu fahren. Hier geht es raus aus Barcelona, den Berg hoch, vorbei am Park Guell. Oben angelangt = Endstation der Seilbahn - bietet sich ein toller Blick über die Stadt.

Gegen Ende der Fahrt geraten wir ins Verkehrschaos. Erinnerungen an Rio werden wach. Wir erreichen den Shuttlebus-Terminal 17.10 Uhr. Um 17.30 Uhr müssen alle an Bord sein. Für uns war eigentlich klar, wir nehmen ein Taxi zurück zum Schiff. Aber da stand gerade ein Bus von der Costa Pacifica. Wir hätten die Fahrt bezahlt, keine Frage. Aber keine im Voraus gekaufte Fahrkarte = keine Chance, mit dem Bus mitzufahren. Das ist mehr als kleinlich, zumal wir gerade noch 20 Minuten hatten, um an Bord zu kommen. Gut, dass es jede Menge Taxis gibt und so waren wir noch vor dem Shuttlebus am Terminal.

Die Busrundfahrt war zwar schön und informativ, aber es gäbe noch so unendlich viel zu sehen.

Barcelona ist ja für einen City-Trip nicht sooo weit weg!

21. Tag: Marseille

„Besuche einmal im Jahr einen Ort,
an dem Du noch nie gewesen bist“
Dalai Lama

Wer kennt nicht das Château d'If, das durch den Graf von Monte Christo seine Berühmtheit erlangte? Auch wir haben das Buch gelesen und die diversen Verfilmungen gesehen, aber uns ist nicht im Gedächtnis geblieben, dass die Festung in einer Bucht bei Marseille liegt. Überhaupt Marseille. Das Image der Stadt war lange Zeit nicht gerade das Beste. Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Korruption - kein Ort, den man unbedingt besuchen muss. Mittlerweile hat sich dies zum Besseren gewandelt. Frankreichs größte Hafenstadt hat die Kurve gekriegt und avanciert zur angesagtesten Stadt des Landes.

Wir sind neugierig und sehen dem Landgang mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen, ist es doch unser letzter Ausflug auf dieser wunderschönen, erlebnisreichen und unvergesslichen Reise.

Unübersehbar bei der Einfahrt in den Hafen von Marseille ist das Wahrzeichen der Stadt, die Basilika Notre-Dame de la Garde. Mit einer Höhe von 162 Metern ragt sie in den Himmel. Die Marseillesen nennen sie liebevoll "La Bonne Mère" ("die gute Mutter"). Sehr passend, ist doch die, mehr als 10 Meter hohe, goldene Statue der heiligen Jungfrau die Schutzpatronin der Stadt.

Unser Anlegeplatz ist recht weit vom Stadtzentrum entfernt und wir haben uns dafür entschieden, den Shuttlebus von Costa zu buchen. Es gibt zwar einen öffentlichen Bus (Linie 35), aber bis zur Haltestelle sind es gute 15 Minuten zu laufen und wir werden diesen Tag noch genug auf den Beinen sein.

Der Shuttlebus setzt uns im Vieux Port (Alter Hafen) ab. Und jetzt kommt die einzige - für mich entsetzliche Entdeckung des Tages - meine Foto-Akkus sind blutleer. Gestern Abend war italienische Nacht im Restaurant und die Kellner haben alles gegeben. Es wurde gesungen und getanzt, dass es eine wahre Freude war. Ich habe Filme gemacht und nicht bedacht, dass ich in Barcelona ja schon zwei Akkus gewechselt hatte. Anschließend sind wir mit dem Ehepaar, das Rio mit uns unsicher gemacht hat, in der Bar versumpft. Ich bin untröstlich, aber es ist nicht mehr zu ändern. Jammern hilft nicht und wir genießen den Tag trotzdem. Die Sonne lacht, das Meer glitzert, was wollen wir mehr?

Wir flanieren die Fußgängerzone mit ihren Geschäften, Cafés und Restaurants entlang, kommen durch schöne Gässchen, entdecken das farbenprächtige, französisch-afrikanische Viertel, das Seite an Seite mit historischen Sehenswürdigkeiten liegt und genießen das mediterrane Flair, das uns umgibt.

Es wird Zeit, unseren Beinen ein Ruhepäuschen zu gönnen und so machen wir uns auf die Suche nach der Station der Petit Trains. Unser Ziel ist die Basilika Notre-Dame de la Garde, und so ist für uns die Tour 2 der Weg zum Ziel. Es geht entlang der Küstenstraße "La Corniche“, vorbei an einigen der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt, darunter die Befestigungsanlagen Fort Saint Jean und Fort Saint Nicolas, das Stadtschloss Palais du Pharo und die Abtei St. Victor. Am Vallon de l'Oriol biegt unser Zug nach links ab und präsentiert uns zauberhafte, typisch "Marseiller" Häuser, die sich in die Hänge schmiegen und oft nur über Treppen zu erreichen sind. Wir erreichen „La Bonne Mère". Der Ausblick ist wunderschön und ich ärgere mich wegen der ungeladenen Akkus. Nach ca. 20 Minuten kommt das Bimmelbähnchen und wir tuckern zurück zum Alten Hafen.

Auch dieser schöne und erlebnisreiche Tag geht zu Ende und es ist an der Zeit, zurück zu gehen. Wir bummeln zum Shuttlebus und von nun an ist alles auf dieser Reise „ein letztes Mal“. So erklimmen wir ein letztes Mal die Gangway, durchlaufen ein letztes Mal die Sicherheitskontrolle, genehmigen uns ein letztes Mal unseren „Zurück-an-Bord-Cocktail“ und machen uns auf den Weg zur Kabine, um uns zum letzten Mal fürs Abendessen zu Stylen. Aber - ach - die Koffer müssen ja gepackt werden …. Morgen geht es früh los, da wollen wir soweit alles fertig haben, um so spät wie möglich aufstehen zu können. Schließlich ist es geschafft und mit einem wehmütigen Gefühl im Magen geht’s zur Henkersmahlzeit.

Leider haben wir immer noch keine Info, bis wann spätestens die Koffer auf dem Gang stehen müssen, wann wir die Kabine verlassen sollen und ausgeschifft werden. Ronaldo, unser Kabinensteward, steht auf dem Gang. Er weiß es auch nicht genau?! Komisch. Er meint, die Koffer werden zwischen 23 - 24 Uhr abgeholt, die Kabine muss bis 8 Uhr geräumt werden. Egal, wir haben gepackt und stellen die Koffer gleich raus, kommen wir in der Regel erst nach Mitternacht zurück. Einen kleinen Trolley behalten wir sowieso da, um die letzten Utensilien zu verpacken.

Laura und Gustavo fliegen von Mailand weiter nach Rom. Gustavo lässt fragen, wie wir die Terrorgefahr einschätzen, sie sind über Ostern dort. Laura erzählt, ihre Mutter sei in großer Sorge und hätte gesagt, sie würden in einer der gefährlichsten Städte der Welt (Rio de Janeiro) wohnen und nun müsse sie sich um ihre Kinder, die Europa besuchen, Sorgen machen …. Wir beruhigen sie - sicher ist man zwar nirgendwo, aber in Italien war es bisher ruhig. Hoffen wir, dass es so bleibt.

Der Abend geht zu Ende. Mit Laura und Gustavo haben wir schon seit längerer Zeit die Kontakte ausgetauscht und Bilder gemacht. Auch mit Eduardo und Alvin. Doch ein letztes gemeinsames Foto muss sein. Wir verabschieden uns von allen, ein paar Tränchen fließen, hatten wir doch so nette Gespräche mit den Vieren und so viel Spaß bei den Abendessen. Laura und Gustavo wiederholen ihre Einladung, sie jederzeit in Rio besuchen zu können. Andra kommt vorbei und auch er verabschiedet sich herzlich, ebenfalls verbunden mit einer Einladung. Er hat ein kleines Reisebüro und fliegt weiter nach Prag, Berlin und Amsterdam.

Nach dem Essen gehen wir zu einem Absacker mit unserem „Rio-Ehepaar“ an die Bar und dann geht’s zum letzten Mal in unsere Kojen. Unsere Koffer sind schon weg und die Bordzeitung liegt auf dem Bett. Um 8 Uhr muss die Kabine geräumt werden. Wir sollen laut Plan um 10.45 Uhr im Theatro sein und geplante Busabfahrt ist um 11 Uhr.

Laut Plan ist es gut gelöst. Treffpunkte für die verschiedenen Gruppen sind entweder auf Deck 5 oder im Theatro, so dass kein allzu großes Gedränge sein sollte.

22. Tag: Savona, Italien - Heimreise

„Eine lange Reise hört nicht am Ziel auf.
Ein Stück von uns wird im Geiste immer weiterreisen.“
Andreas Bechstein

Der Wecker klingelt! Oh je - es ist doch noch so früh. Aber es hilft nichts, wir müssen aufstehen und die Kabine verlassen.Wir gehen zum Frühstück und anschließend an Deck. Das erste Gebäude, das wir erblicken, ist der berühmte Turm von Leon Pancaldo. Der Turm ist dem Matrosen gewidmet, der 1519 mit Magellan zum ersten Mal die Welt umsegelte und im Laufe dieses Abenteuers ein Tagebuch schrieb, das für Jahrhunderte Schiffsfahrer und Segler durch die Meere und unerforschte Ozeane lotste. Irgendwie symbolisch. Zwar haben wir nicht die Welt umsegelt, aber der Transatlantik ist nicht ohne und Tagebuch hab ich auch geschrieben.

Nun heißt es „Addio Costa Pacifica!“ zu sagen. Wir werden all die Menschen, die wir während der Reise kennen gelernt haben und die uns sehr freundlich und herzlich aufgenommen haben, sehr vermissen und in guter Erinnerung behalten. Vielleicht bleibt ja der eine oder andere Kontakt bestehen.

Sehr vermissen werden wir auch all diejenigen, die uns in den letzten Wochen so freundlich und herzlich begleitet und so liebevoll und zuvorkommend bedient haben - die gab es nämlich auch. Manch persönliches Gespräch hat sich ergeben. Wir haben von so vielen Träumen, Sehnsüchten und Wünschen erfahren. Der Wichtigste: zurück zur Familie. Fernanda möchte eine eigene Bar haben, Mattheo träumt von einer Karriere als Flugbegleiter, Eduardo will seiner Tochter eine gute Schulbildung ermöglichen und vielleicht irgendwann ein kleines Restaurant haben. Am Härtesten finden wir das Los von Luisa. Sie und ihr Mann haben einen 8-Monatsvertrag, können glücklicherweise beide zusammen arbeiten, haben aber daheim einen 3jährigen Sohn und eine 1jährige Tochter.

Wir wünschen allen, dass sie bald ihre Liebsten zu Hause besuchen können bzw. daheim einen Job bekommen. Es ist ein hartes Los, so lange und so weit fern der Heimat zu sein. Viele verpassen das Aufwachsen ihrer Kinder. In den ganzen 8 Monaten haben sie keinen einzigen Tag frei. Ab und an mal ein paar Stunden, in denen sie von Bord könnten, aber zu müde sind, um dies zu tun. Doch sie versuchen, aus ihrer Situation das Beste zu machen. Sie haben keine bessere Chance und versuchen, die Tage gut gelaunt zu überstehen und ihren Job gut zu machen. Dann wären sie zufrieden und die Gäste auch und beide Seiten profitieren.

Auf dem Weg zum Theatro treffen wir wieder auf unser „Rio-Ehepaar“. Sie fliegen zwar zurück und haben eine andere Kofferfarbe als wir, aber die gleiche Uhrzeit. Versteht sich von selbst, dass wir zusammen warten. Wir unterhalten uns gut und merken irgendwann, dass es schon 11 Uhr ist, ohne dass irgendeine Gruppe aufgerufen wurde. Unruhe, auch bei den anderen, macht sich breit. Vor uns sitzt ein Paar, das ebenfalls nach Stuttgart möchte. Immer mehr stehen auf und suchen jemand, der uns informiert - es ist nirgends jemand zu entdecken. Um 11.30 Uhr bequemt sich jemand von Costa uns mitzuteilen, dass die Busse noch nicht fertig seien (?), auch das Gepäck sei noch nicht komplett ausgeladen. Um 12 Uhr werden wir endlich aufgerufen, drücken Wally und Rolf nochmal und gehen von Bord.

Die Koffer sind schnell gefunden, die Suche nach dem Bus dauert länger. Kein Hinweis zu entdecken, in welche Richtung wir müssen. Also gehen wir Richtung „Busse & Taxen“. Auch das Ehepaar, das vor uns saß, irrt umher. Wir beschließen, jeweils einen von uns bei den Koffern zu lassen und in verschiedene Richtungen „auszuschwärmen“. Ich frage einen der Sicherheitsbeamten, er zeigt mir die Richtung und meint, die Busse seien noch nicht da. Falsche Info - wie sich später zeigt. Aber auch diese Hürde ist genommen und wir fahren um 12.10 Uhr ab. Ankunftszeit Flughafen Stuttgart, bei Abfahrt 11 Uhr, war mit 23.30 Uhr angegeben.

Berge & Meer bietet die Rückreise per Flug ab Mailand nach Frankfurt, oder mit dem Bus zu div. Ausstiegsorten als Zusatzleistung an. Wir haben uns für die Busfahrt entschieden. Die Fahrt von Savona zum Flughafen Mailand dauert ca. 2 Stunden. Bei unserer letzten Kreuzfahrt wurden wir fünf Stunden vorher am Flughafen abgeliefert. Vielleicht ist es hier nicht der Fall, aber wir möchten es auch nicht ausprobieren. Würden wir fliegen, bräuchten wir von Frankfurt nach Stuttgart weitere 2 - Stunden. Bleibt nicht mehr viel Differenz zur Busfahrt. Den Ausschlag gab letztendlich ein anderer Aspekt: Auf dem Flug nach Brasilien haben wir 3 Koffer a‘ 32 kg mitgenommen. Gar nicht auszudenken, wie viel wir auf dem Rückweg für unser Übergepäck zahlen müssten.

So sitzen wir nun gemütlich im Bus und genießen die Fahrt. Zu sehen gibt es immer etwas und bei den Pausen können wir uns die Beine vertreten. Der Reisebus der Firma Dirr Reisen (ein Doppeldecker) ist bequem. Die Busfahrer sehr nett und höflich und ausgesprochen gute Fahrer. Die Bordküche bietet Würstle & Brot und Getränke zu moderaten Preisen. So vergeht die Zeit wie im Flug und trotz drei Pausen und Ausstieg bei Ulm sind wir um 22.10 Uhr in Stuttgart und sind somit am Ende unseres Traumurlaubs.

Was haben wir nicht alles erlebt! Vieles wäre noch zu erzählen und wir freuen uns schon darauf, die vielen Bilder zu sichten, die Reise Revue passieren zu lassen und unserer Familie und Freunden Bericht zu erstatten.

Vielen Dank an die Mitarbeiter/innen von Berge & Meer für die hervorragende Organisation. Es hat alles wunderbar geklappt. Wir hatten die gewünschte Kabine, sehr ruhig und in Fahrtrichtung links (Landseite, soweit Land da war) - wir würden die Reise jederzeit wieder machen.

Und - wie heißt es so schön? Nach der Reise ist vor der Reise! In diesem Sinne verabschieden wir uns und hoffen, Ihnen hat die Kreuzfahrt mit uns gefallen. Vielleicht „lesen“ wir uns ja wieder!

Liebe Grüße
Johanna und Andrea

Ihr Reiseverlauf

Ihr Premium-Plus-Schiff: Costa Pacifica

Tauchen Sie ein in die Welt der Musik an Bord der Costa Pacifica. Nicht nur in der Namensgebung der Decks und verschiedenen Einrichtungen, sondern auch im Design zieht sich das Thema Musik wie ein roter Faden durch den modernen Luxusliner. Im Theater Stardust, welches sich über 3 Decks erstreckt, werden Ihnen einmalige Shows geboten. Auch bietet das Schiff Casino, Diskothek, PlayStation Erlebniswelt, Grand-Prix-Rennwagen-Simulator, Bordgeschäfte, Internet-Point, Bibliothek und Pool Deck mit ausfahrbarem Glasdach und Kinoleinwand für "Kinoerlebnisse unterm Sternenhimmel.

Der 6.000 m² große Spabereich Samsara Spa erstreckt sich über 2 Decks und lädt mit Thalassotherapie, Sauna, türkischem Dampfbad und Solarium zum Entspannen ein. Auch Sportbegeisterte kommen im Fitnesscenter oder in den verschiedenen Kursen ins Schwitzen.

Empfehlenswert ist auch ein Abend im Club Restaurant Club Blue Moon auf Deck 11. Lassen Sie sich von den kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen und genießen Sie den Ausblick auf die vorbeiziehende Landschaft.

Ihre Route

1. Tag - Flug nach São Paulo (Brasilien)
2. Tag - São Paulo (Brasilien), Ankunft und Transfer zum Hotel inkl. Stadtrundfahrt
3. Tag - São Paulo (Brasilien), Transfer zum Hafen in Santos und Einschiffung
4. Tag - Rio de Janeiro (Brasilien)
5. Tag - Erholung auf See
6. Tag - Ilhéus (Brasilien)
7. Tag - Salvador da Bahia (Brasilien)
8. Tag - Maceio (Brasilien)
9. Tag - Recife (Brasilien)
10. Tag - Erholung auf See
11. Tag - Erholung auf See
12. Tag - Erholung auf See
13. Tag - Erholung auf See
14. Tag - Erholung auf See
15. Tag - St. Cruz de Tenerife (Teneriffa, Spanien)
16. Tag - Erholung auf See
17. Tag - Casablanca (Marokko)
18. Tag - Gibraltar (Gibraltar)
19. Tag - Erholung auf See
20. Tag - Barcelona (Spanien)
21. Tag - Marseille (Frankreich)
22. Tag - Savona (Italien), Ausschiffung und individuelle Heimreise
Routenänderungen vorbehalten